Fakten:
In a Valley of Violence
USA, 2016. Regie & Buch: Ti
West. Mit: Ethan Hawke, John Travolta, Taissa Farmiga, James Ransone, Karen
Gillan, Toby Huss, Tommy Nohilly, Larry Fessenden, Michael Davis u.a. Länge:
103 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Texas, 1890: Ex-Soldat Paul legt
auf seinem Weg nach Mexiko einen kurzen Zwischenstopp in dem gottverlassenen
Nest Denton hin. Eigentlich will er nur kurz sich und seine tierischen
Begleiter mit dem Nötigsten versorgen und weiterziehen, wird aber unverschuldet
in einen Konflikt mit dem aufbrausenden Gilly verwickelt. Paul lässt ihm im
Faustkampf alt aussehen und bekommt sogar von Gilly’s Vater, dem sonst wenig
zimperlichen Sheriffs von Denton, den Segen für eine vergeltungslose
Weiterreise. Doch Gilly sieht das etwas anders, geht einen Schritt zu weit und
zwingt Paul in alte, eigentlich abgeschworene Verhaltensmuster zurück.
Meinung:
-„Kann er Kunststücke?“
-„Sie beißt.“
Nach den ersten Gehversuchen als
DTV-Auftragsregisseur wurde Ti West schnell als neues Wunderkind des
B-Genre-Films ausgerufen. Mit nicht mal 30 Jahren drehte er 2009 seinen ersten,
komplett eigenständigen Film The House of the Devil, einen der besten
Horrorfilme seit der Jahrtausendwende. Eine kenntnisreiche, ruhige und gerade
dadurch ungemein beängstigende Hommage an das Horrorkino der 70er Jahre, das
stellenweise sogar so wirkte wie in dieser Dekade produziert. Sein ähnlich
gelagertes, noch deutlich reduzierteres Folgewerk The Innkeepers wurde allgemein
mit Lob überschüttet. Zuletzt drehte er 2013 den äußerst sehenswerten
Sekten-Thriller The Sacrament, nun der endgültige Genre-Umbruch mit In a Valley
of Violence. Einem Italo-Western, gut 40 Jahre nach dessen Hochphase und aus
dem „falschen“ Land.
Ti West macht kein (ohnehin nicht
zu übersehendes) Geheimnis daraus, dass sein Western dem Spaghetti-Pendant
deutlich näher steht als den Klassikern der USA. Allein der Vorspann (ja, das
gibt es noch), bereits prägnant unterlegt von Jeff Grace‘s konstant
eindringlichen Score, ist pure Nostalgie in Gedenken an Leone und Corbucci. Von
Heldentum keine Spur. Eine gebrochene, aber wenig ausgeleuchtete
Charakter-Hülle von Anti-Held reitet in eine Stadt ein, prallt allein durch
seine reine Präsenz schnell mit dem selbsternannten Kronprinzen, Maul- und
Revolverhelden vom Dienst aufeinander, der Rest ergibt sich eben. Gewalt
erzeugt Gegengewalt, besonders wenn einem einsamen Mann der beste und einzige Freund
genommen wird, John Wick lässt grüßen. Was banal klingen mag ist es irgendwo
auch, aber letztendlich macht Ti West nichts anderes als schon zuvor. Betrieben
von ihm wie dem Genre an sich. Auch Clint Eastwood war in Für eine Handvoll
Dollar nur der unfreiwillige Störenfried. Auch Ti West hat in seinen
Horrorfilmen lediglich ein simples, erprobtes Grundgerüst genommen und es in
seiner eigenen Stilistik interpretiert.
Gewalt ist keine Lösung, aber so wird das auch nichts |
Wer bei In a Valley of Violence
ernsthaft auf inhaltliche Innovationen gehofft hat, der hat von vornherein mit
Zitronen gehandelt und die Qualität eines Ti West wie dessen Anspruchsdenken
wohl falsch eingeschätzt. Er will doch das Genre nicht neu erfinden, selbst
wenn ihm sein Ruf ungewollt in eine falsche Ecke drängen mag. Das hat er nie
gemacht. Seine Geschichten leben von ihrer Schlichtheit, steigen im Wert durch
seine individuelle Klasse der Umsetzung. Und da macht sein erster Western keine
Ausnahme. In a Valley of Violence ist bewusst konform und sehr einfach in
seinem Geschehen – welcher Italo-Western war das abgesehen der ganz großen
Ausnahmeerscheinungen nicht? -, es wirkt sicher nicht zufällig so, als sollte
es nicht anders sein. Was diesen Film auszeichnet, ist seine exzellente,
teilweise famose Inszenierung, die sich eher in kleinen Details äußert. Wie
selbstverständlich wird die staubige, nihilistische Grundstimmung mit
lakonischen, furztrockenen Mini-Jokes am Rande durchbrochen. Die Motivlosigkeit
von Gut und Böse leicht hinterfragt um am Ende doch auf den unausweichlichen
Konsens zu kommen, dass das Töten die einzige, logische Konsequenz bleibt im
Tal der Gewalt, weil der von Natur aus schon wortkarge Protagonist hier
ausschließlich auf taube Ohren stößt. Als man ihm winselnd zuhören will, ist es
eh schon zu spät.
Der stetig in melancholische
Sorgenfalten geknitterte Ethan Hawke (so kennt man ihn) gibt eine gute Figur
ab, der kleine Knaller ist dafür John Travolta, dem das würdevolle Altern
wesentlich besser steht als sein eine Weile betriebener, zwanghafter
Still-Sexy-Wahn. Als knurriger Wendehals zwischen Leben-und-leben-lassen und Wer-später-schießt-ist-eher-tot
– je nach dem, was die Situation erfordert – gefällt er weitaus besser als
dieser alte Kerl, der sich immer noch die Haare färbt und die Plauze einzieht
in der Hoffnung, dass es niemand sieht. In a Valley of Violence ist wunderbar
einfach in seiner Ausrichtung und gleichzeitig so bestechend vorgetragen, das
funktioniert einwandfrei, wenn man sich von falschen Wunderwerks-Ansprüchen
lösen kann. Ti West gelingt dieses, der Zuschauer muss das für sich selbst
entscheiden.
„Gott muss zusammengepackt haben und
hier verschwunden sein.“
7 von 10 kalten Hundeschnauzen
Oh, Taissa Farmiga spielt mit. Ist doch schon ein Grund, dem Film mal eine Chance zu geben, fernab von der Tatsache, das ich die klassischen Italowestern ja eh immer mochte.
AntwortenLöschenDann spricht in der Tat wenig dagegen.
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