Review: COLT 45 & ALLÉLUIA – EIN MÖRDERISCHES PAAR – Fabrice Du Welz im stilvollen Doppelpack





Fakten:
Colt 45
Frankreich, Belgien. 2014. Regie: Fabrice Du Welz. Buch: Fathi Beddiar, Fabrice Du Welz. Mit: Gérard Lanvin, Joey Starr, Ymanol Perset, Alice Taglioni, Simon Abkarian, Antoine Basler, Jo Prestia, Salem Kali u.a. Länge: 87 Minuten. Ab 16. Oktober auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Vincent Milès ist der beste Scharfschütze der französischen Nationalpolizei und genießt seine ruhige Arbeit als Waffenmeister. Sein Leben nimmt jedoch eine entscheidende Wendung als er Milo Cardena, einen zwielichtigen Kollegen, kennenlernt, der ihn in einen Strudel aus Gewalt zieht. Schon bald befindet sich der junge Polizist inmitten einer Serie von Raubüberfällen, Morden und einem brutalen Polizeikrieg. Vincent hat keine andere Wahl, als sich für eine der dunklen Seiten zu entscheiden, um zu überleben.




Meinung:
Gerne wurde den Filmen des belgischen Filmemachers Fabrice Du Welz in der Vergangenheit eine gewisse kunstgewerbliche Attitüde nachgesagt. Man könnte sich vielleicht eher darauf einigen, dass „Calvaire – Tortur des Wahnsinns“ und Vinyan“ mit Sicherheit nicht den normierten Sehgewohnheiten der großen Masse zuträglich waren, dafür waren sie geflissentlich zu widerborstig dem größtmöglichen Konsens gegenüber aufgebaut. Mit „Colt 45“ werden nun hingegen andere Seiten aufgezogen und Du Welz zeichnet sich für einen Film verantwortlich, den man in dieser ruppigen Form vielleicht nicht von ihm erwartet hat: Ein waschechtes Cop-Kino-Konzentrat. Mit gewohnt sicherer Hand bedient Du Welz die obligatorischen Topoi des Genres, erzählt von Korruption im Polizeiapparat und hangelt sich an der gewaltvollen Verrohung des unbescholtenen Anfängers Vincent (Ymanol Perset) entlang. Diesen ständig auf Schwanzvergleiche insistierenden Männerzirkus, das Auseinander- und Zusammensetzen von Waffen als erotisierter Akt, kann man obsolet empfinden, wäre da nicht Benoit Debie, dessen verlässlich unfassbar stilbewussten Bilder „Colt 45“ zu einem regelrechten Augenschmaus erheben. Wie sich die Kamera am metallenen Glanz der groß- und kleinkalibrigen Schießeisen labt; wie man hier durch diesen maskulinen (und gleichwohl sich selbst zerstörenden) Moloch gleitet - da muss man ob der visuellen Sinnlichkeit schon mal schwach werden.


6 von 10 einrastenden Magazinen




Fakten:
Alléuia – Ein mörderisches Paar
Frankreich, Belgien. 2014. Regie: Fabrice Du Welz. Buch: Vincent Tavier, Romain Protat, Fabriuce Du Welz. Mit : Lola Dueñas, Laurent Lucas, Stéphane Bissot, Edith Le Merdy, Hélna Noguerra, Anne-Marie Loop, Phillippe Resimont, Renaud Rutten u.a. Länge: 97 Minuten. Ab 16. Oktober 2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Die unscheinbare Gloria und der charismatische Heiratsschwindler Michel hinterlassen bei ihren Raubzügen quer durch das Land eine blutige Spur. Die Opfer des kaltblütigen Liebespaares sind vermögende Witwen, die sich auf Michels Annoncen einlassen. Doch mit jedem Coup steigt auch Glorias mörderische Eifersucht, die schließlich in einer blutgetränkten Katastrophe endet.




Meinung:
Qualvoller Abstieg in den Orkus; eine Vorhölle aus gebrochenen Neonlichtern, aus monströsen Schatten, die ganze Gesichter verspeisen. „Alléluia – Ein mörderisches Paar“ ist nach „Colt 45“ wieder genau der ästhetische Rausch, den man von einem Regisseur wie Fabrice Du Welz erwartet: Hier werden keine Gefangenen gemacht – und wenn man sich dem Film nicht mit aller Kraft anhängen möchte, dann bleibt man eben auf der Strecke. Du Welz nimmt sich der Geschichte um die sogenannten „Lonely Heart Killers“ Raymond Fernandez und Martha Beck an, die in den 1940er Jahren über 20 Frauen umgebracht haben, nachdem sie sie um ihr Vermögen erleichterten. Jedoch ist „Alléluia – Ein mörderisches Paar“ weniger daran interessiert, auf die Taktik der Verbrechen einzugehen, Du Welz inszeniert keinen handelsüblichen Thriller, in dem wir das Gespann auf ihren blutigen Streifzügen durch die Lande begleiten, sein Ansatz ist ein weitaus abstrakterer: Seine Charaktere treiben, stampfen, keuchen in fiebrigen Fotografien durch ein der Welt entrücktes, grobkörniges Inferno. Der Schmerz, die Gefühlseruptionen, sie allerdings ziehen „Alléluia – Ein mörderisches Paar“ immer wieder zurück auf den Boden, bevor er in seiner Hysterie und seiner Tobsucht gänzlich davon schwebt. Ein exzentrischer Brocken. Ein echter Du Welz, in jedem Frame steckt es, sein ganz persönliches Poem des Abtrünnigen.


6 von 10 Äxten im Hals


beide Reviews von souli

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