Review: EWIGE JUGEND – Vom Schwelgen in Erinnerungen und der Vergänglichkeit des Lebens




Fakten:
Ewige Jugend (La Giovinezza)
CH/FR/GB/IT, 2015. Regie & Buch: Paolo Sorrentino. Mit: Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, Paul Dano, Jane Fonda, Paloma Faith, Ashley Bryant, Alex MacQueen, Ed Stoppard, Robert Seethaler, Tom Lipinski, Alex Beckett u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. Ab 1. April 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Fred Ballinger und Mick Boyle sind seit Jahrzehnten befreundet und verbringen einmal im Jahr einen gemeinsamen Urlaub in einem Schweizer Edelhotel. Ballinger, früher Komponist, will seinen Beruf im hohen Alter hinter sich lassen. Boyle, ein Regisseur, will nochmal ein großes Alterswerk als eine Art Testament drehen. Beide hadern mit ihren Leben, in denen sie immer wieder in der Vergangenheit schwelgen.




Meinung:
Welch Ironie, wenn mitten im Film und beim Einsetzen des Abspanns "Just (After Song of Songs)" von David Lang erklingt. Selbigen Song verwendete Paolo Sorrentino bereits 2013 in seinem einzigartigen Meisterwerk "La Grande Bellezza". "La Giovinezza" enthält nicht nur auf diese Weise eine Parallele zum vorigen Werk, sondern auch hinsichtlich der beiden Hauptfiguren, die dem charismatischen Zyniker Jep Gambardella aus "La Grande Bellezza" immer wieder sehr ähnlich sind. Fred Ballinger und Mick Boyle, beide absolut herausragend gespielt von Michael Caine und Harvey Keitel, sind alt gewordene Künstler. Der eine ein Dirigent, der andere Regisseur und beide mehr oder weniger im Ruhestand. In einem luxuriösen Wellness-Hotel in den Schweizer Alpen, in dem sie gemeinsam seit Jahrzehnten jährlich residieren, resümieren sie über vergangene Zeiten und über den Stellenwert ihres aktuellen Lebens im hohen Alter.


Es gibt Dinge, die ändern sich selbst im Alter nicht
Sorrentino formt aus dieser Handlung einen beinahe episodenhaft wirkenden Film, der tonal ständig zwischen wehmütiger Melancholie, zynischem Witz und sehr skurrilen Nebenfiguren und Situationen wechselt. Ganz gemäß dem höheren Alter seiner beiden Hauptfiguren verschrieben ist auch "La Giovinezza" immer wieder von einer gewissen Lethargie durchzogen, in der der Regisseur dazu einlädt, in den wieder einmal meisterhaft inszenierten Szenen viele kleine Momente zu entdecken, die entweder zum Nachdenken anregen, berühren oder äußerst witzig ausgefallen sind. Das ein oder andere Mal suhlt sich der Film dabei etwas zu arg in seiner eigenen Kunstfertigkeit und neigt zu prätentiösem Style-over-Substance. Auch die hohe Emotionalität und die extrem tiefgründigen Untertöne, für die Sorrentino sich sonst rühmen konnte, fallen etwas geringer aus. Nichtsdestotrotz sind sie auch hier vorzufinden, die typisch magischen Momente, für die man diesen Regisseur lieben darf.


Wenn Michael Caine´s Figur beispielsweise resigniert auf einem Baumstumpf sitzt und mitten in der malerischen Alpen-Landschaft eine Kuh-Herde zu imaginären Klängen und Geräuschen dirigiert, ist das ebenso albern wie berührend und nur einer von vielen Momenten, in denen eigentlich gegensätzliche Stimmungen harmonisch zueinander finden. Auch bei den Nebencharakteren gibt es einiges zu erleben. Rachel Weisz glänzt mit einer herzzerreißenden Performance, während Paul Danos Figur des meist auf eine Rolle reduzierten Schauspielers einen äußerst makabren Höhepunkt spendiert bekommt. "La Giovinezza" ist als Gesamtwerk wie von Paolo Sorrentino nicht anders gewohnt erneut brillant in Szene gesetzt. Jede Einstellung sitzt perfekt und der musikalisch vielfältige Soundtrack passt zu jeder Szene. Die Geschichte wartet mit einigen Facetten zu Themen wie Alterswehmut, Liebe und Kunst an sich auf und hat viel skurrilen Witz sowie berührende Pointen zu bieten. Lediglich ein Überhang zu kunstvoll ausgestellter Stagnation und nicht immer emotional gänzlich mitreißenden Momenten trennen den großartigen Film von einem Meisterwerk.


8 von 10 fette Maradona-Doubles


von Pat

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