Review: DARK AGE - CROCODILE HUNTER - Die wahren Monster von Down Under



                                                                                

Fakten:
Dark Age – Crocodile Hunter (Dark Age)
AUS, 1987. Regie: Arch Nicholson. Buch: Stephen Cross, Tony Morphett, Grahame Webb (Vorlage). Mit: John Rarratt, Nikki Coghill, Max Phipps, Burnham Burnham, David Gulpilil, Ray Meagher, Jeff Ashby, Paul Bertram u.a. Länge: 87 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Im Norden Australiens verspeist ein riesiges Krokodil mehrere Menschen. Wildhüter Steve Harris soll das Tier zur Strecke bringen und bittet die örtlichen Aborigines um Hilfe bei der Suche. Die erklären Harris, dass es sich bei dem Krokodil um ein heiliges Tier handelt, dass sich verirrt hat. Der weise Oondabund bietet seine Unterstützung unter der Bedingung an, dass das Tier nur gefangen und dann in seinen Heimatfluss zurückgebracht wird. In der Zwischenzeit hat die Aussetzung einer Belohnung dafür gesorgt, dass unbedarfte Jäger meinen, Jagd auf das Krokodil machen zu müssen.


                                                                

Meinung:
„Er kam um zu sehen, was die Weißen aus seinem Land gemacht haben.“

Manchmal wundert man sich doch, was ab und zu aus der hintersten Ecke des angestaubten VHS-Kellers der 80er so ans Tageslicht kommt. Wahrscheinlich im Zuge des Erfolgs von „Wolf Creek 2“ und deren gemeinsamen Hauptdarsteller John Jarratt wurde dieser längst vergessene, eh nie sonderlich bekannte Film - der in seiner Heimat Australien niemals eine Kinoauswertung erhielt – im letzten Jahr erstmals in Deutschland auf DVD veröffentlicht, unter dem nicht besonders vielversprechenden Alternativtitel „Crocodile – Killer From The Dark Age“. Im besten Falle würde man grobschlächtiges, billiges, aber vergnügliches Ozploitation-Kino erwarten, tatsächlich dürften Fans des ganz schlichten Tier-Horrors etwas in die Röhre gucken.


Schni-schna-schnappi, schnappi-schnappi, schnapp...
Um die Latte jetzt nicht zu hoch zu legen, selbstverständlich handelt es sich bei dem Film von Arch Nicholson -  der zuvor mit dem giftigen Survival-Thriller „Fortress“ einen waschechten Ozploitator vorgelegt hatte – um ein kostengünstig produziertes Genre-Filmchen, das nicht sonderlich anders beginnt als jeder andere Streifen dieser Gangart. Ein gigantisches, uraltes Krokodil - von den Aborigines als Gottheit Numumwari verehrt – gelangt durch starke Regenfälle in bewohntes Gebiet und findet dort reiche, menschliche Beute. Seit „Der Weiße Hai“ unumgänglich darf da freilich auch nicht die „Raus aus dem Wasser!“-Szene fehlen (sehr nah am „Vorbild“ gehalten), allerdings mit einem deutlich radikaleren Ausgang. Der Ranger Steve (Jarratt) wird zur Lösung des Problems herangezogen, doch anstatt das Tier einfach umzulegen, wie es die Verantwortlichen gerne sehen würden, lässt er sich von seinen eingeborenen Weggefährten überzeugen, das edle, einzigartige Geschöpf lieber einzufangen und es in sein ursprüngliches Territorium zurückzubringen. Genau an dem Punkt rückt der Kampf gegen das anfangs klassisch als Bestie gezeichnete Reptil in den Hintergrund des Geschehens, vielmehr geht es um den Clash der Kulturen und mit reichlich Sozialkritik wie Ökobotschaft im Gepäck werden die weißen „Eroberer“ als eigentliche Monster dargestellt. „Dark Age – Crocodile Hunter“ entfernt sich mehr und mehr vom typischen Ausi-Tier-Horror wie dem 30 Jahre später entstandenen Kroko-Kollegen „Rogue – Im falschen Revier“ (von „Wolf Creek“-Macher Greg McLean, ebenfalls mit John Jarratt) oder der vorausgegangenen Wildschweinerei „Razorback“ von Russell Mulcahy.


Das ist mal...stattlich.
Schon vorher darf der urzeitliche Killer verhältnismäßig selten auftreten und wird dann geschickt (auch da ist man nah an „Der Weiße Hai“) spärlich im Bild eingefangen. Nur zu seinem Vorteil, denn obwohl die Attrappe (gemischt mit echten Aufnahmen) verdammt gut aussieht, deutlicher präsentiert würde der schmal budgetierte Film sicher an seine Grenzen stoßen. In der Form ist das besser als vieles, aufwendiges CGI-Gedöns von heute, das einfach alles zeigen kann, was es nicht unbedingt echter wirken lässt. Es entsteht nie das Gefühl, dass ein Effekt durchs Bild geistert. Was man sieht, sieht real aus, fühlt sich so an. Das ist viel schwieriger als mit 100 Millionen Dollar ein Vieh basteln, das trotzdem aussieht wie aus dem Computer. Dickes Lob allein dafür. Etwa ab der Hälfte steht die eigentliche Intention des Films klar im Mittelpunkt, die sich mit dem Aufeinanderprallen der in Einklang mit der Natur und fest verwurzelt mit ihren Mythen lebenden Aborigines mit der domestizierenden, weißen „Zivilisation“ beschäftigt, die das was sie nicht kennt und deshalb fürchtet lieber in einer hektischen Treibjagd abknallt, anstatt es als berechtigten Teil dieser Welt zu akzeptieren. Natürlich will niemand ein menschenfressendes Ungetüm vor der eigenen Haustür haben, aber die von den Protagonisten angestrebte Variante der Wiederauswilderung wird nie als Option in Erwägung gezogen. Auf den heidnischen Unfug der Wilden wird ohnehin keinen großen Wert gelegt („In diesem Gebiet kannst du kaum ein Loch für ein Pissoir graben, ohne dass ein Nigger dir sagt, dass du auf heiligen Boden pisst“).


Das ist nicht unbedingt subtil vorgetragen, zumindest nicht mehr ab der deutlich zu erkennenden  Schwerpunktlegung, ganz im Gegenteil. Während die Aborigines natürlich immer als die weisen, weltoffenen und pazifistischen Alleswisser dargestellt werden, sind bis auf unsere Helden alle Weißen rassistische, biersaufende und primitive Arschlöcher, da sucht der Film keine Grautöne. Die überflüssige, wiederentdeckte Liebesbeziehung zwischen Jarrett und seiner Ex erfüllt überhaupt keinen Zweck, außer dass die zwingend benötigte Frau nun auch mitmischen darf und generell ist das alles schon etwas einfach vorgetragen, aber dennoch so ungewöhnlich und deshalb interessant, dass man „Dark Age – Crocodile Hunter“ unter keinen Umständen ignorieren sollte. Wer könnte aus dem Stehgreif einen Krokodil-Horror-Film nennen, dessen Finale fast ausschließlich an Land stattfindet und in dem das Tier zum Helden wird? Schon deshalb sehenswert, wenn man sich nicht krampfhaft an einen blutriefenden Vielfraß-Film klammert.

6,5 von 10 göttlichen Reptilien

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