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Review: FEGEFEUER DER EITELKEITEN – Der Untergang des 'Master of the Universe'

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Fakten:
Fegefeuer der Eitelkeiten (The Bonfire of the Vanities)
USA. 1990. Regie: Brian De Palma. Buch: Michael Christofer, Tom Wolfe (Vorlage). Mit: Tom Hanks, Bruce Willis, Melanie Griffith, Morgan Freeman, Saul Rubinek, Kim Cattrall, Kevin Dunn, F. Murray Abraham, Kirsten Dunst, Kurt Fuller, Clifton James, Rita Wilson, Alan King, Beth Broderick u.a. Länge: 120 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Der vermögende wie beruflich erfolgreiche Sherman McCoy fährt, als er mit seiner heimlichen Geliebten unterwegs ist, einen Afro-Amerikaner an. Der Mann fällt ins Koma, was den machtgierigen Reverend Bacon auf den Plan ruft, während Sherman hofft, dass niemand herausfindet, dass er der Fahrer war.





Meinung:
Brian De Palma ist in seiner langjährigen und äußerst abwechslungsreichen Karriere schon einige Male auf die Nase gefallen. Von Filmen, die eigentlich ein großer Erfolg werden sollten, dann aber doch hinter den kommerziellen Annahmen zurückblieben und reichlich Schelte von den Kritikern wegstecken mussten, kann der Amerikaner wohl ein Lied singen – vor allem im neuen Jahrtausend hat De Palma so rein gar keinen dicken Fisch mehr an Land ziehen können. Einen derart herben Schuss vor den Bug wie er ihn mit „Fegefeuer der Eitelkeiten“ Anfang der 1990er Jahre aber kassierte, musste De Palma danach nie wieder erleben. Die Adaption des innig verehrten Romans von Tomas Wolfe brach an den Kinokassen katastrophal ein und wurde zu einem DER Kolossalflop der Filmgeschichte erklärt, während die Kritiker sich wieder mal einen Spaß daraus machten, auch aufgrund der enormen Erwartungshaltung, die De Palma einfach nicht erfüllen konnte, immerzu auf die entlarvende Gesellschaftssatire einzuprügeln.


"Sorry Tom, aber ich dachte der Film wird ein Hit."
Aber ist „Fegefeuer der Eitelkeiten“ nun wirklich so furchtbar misslungen, wie es sein Ruf seit jeher in der Welt postulieren vermag? Oder haben wir es hier wieder mit einem missverstandenen Werk zu tun, was bei De Palma ja bekanntlich auch keine Seltenheiten darstellt? Während der Sichtung von „Fegefeuer der Eitelkeiten“ ereilen den Rezipienten gemischte Gefühle – Allerdings nur in dem Fall, wenn man sich von der renommierten Vorlage abkapseln kann respektive sie nie gelesen hat, was in diesem Fall wohl Glück für De Palma bedeuten sollte. Mit einer gewohnt beachtlichen Plansequenz, mit der uns De Palma schildert, wie der Erzähler der Geschichte Peter Fallow, gespielt von Bruce Willis („Stirb Langsam“), zu der Ehrung seines Buches eintrifft und sturzbetrunken durch die belebten Gänge unterhalb des Festsaals poltert. Ein Prolog, an den das Drehbuch zum Ende wieder anschließen wird und den erfolglosen Säufer zum erfolgreichen Säufer befördert, doch bis dahin vergehen gute zwei Stunden. Zwei Stunden, in denen wir den eigentlichen Hauptdarsteller Sherman McCoy, gespielt von Tom Hanks („Captain Phillips“), vorge-stellt bekommen und Teil seines gesellschaftlichen Niedergangs werden.


Kirsten Dunst in einer ihrer ersten Rollen
Und diese zentrale Niedergang dient dem Einblick in ein Amerika, in dem die inhärenten Vorurteile, der Narzissmus, die Heuchelei und der Rassismus vorherrschen. Die oberen Zehntausend genießen ihren luxuriösen High Society-Standard, titulieren sich selbst als 'Master of the Universe', um dann bei einer winzigen Ungereimtheit, einem Moment, in dem die Aufmerksamkeit nicht strikt nach vorne gelenkt ist, vollständig zu Staub zu zerfallen – So wie eben auch Sherman McCoy. Einem Mann, der im materiellen Reichtum schwimmt, der sich neben seiner Frau noch mit einer dickbusigen Blondine vergnügt, wird alles genommen, weil ihm das Leben eine Rechnung ausstellte, die er nicht mit Diplomatie und Rationalität begleichen konnte. Und die Crux an der Geschichte? Er ist unschuldig, denn seine Liebelei saß am Steuer und hat einen Afroamerikaner in der Bronx angefahren, nachdem die beiden eine falsche Ausfahrt genommen hatten. Das Schicksal allerdings scheint um McCoy bereits gestellt und die Mühlen der Justiz, der Politik und der Presse zermahlen ihn Stück für Stück. Die Folge? Frau weg, Geld weg und von den schwarzen Mitbürgern und jüdischen Karrieristen quasi dem Tode geweiht. Ja, „Fegefeuer der Eitelkeiten“ besitzt auch filmisch eine gezielt satirische Sichtweise auf soziale Rangordnungen und die Charakteristika jener Klassenideologie, die sich gewiss durch die Ethnien differenziert.


Was „Fegefeuer der Eitelkeiten“ aber das Genick bricht ist seine Scheu, wirklich etwas zu wagen. Das Drehbuch von Michael Cristofer ist  satirisch verstrickt und zuweilen auch treffend kritisch im Umgang mit dem Sujet.  Aber es ist nie zynisch genug, um wirklich etwas über die Moral respektive Unmoral dieser differenten Gepflogenheiten, ja, eigentlich über ganz Amerika, aussagen zu wollen. Wenn Tom Hanks alle Stadien durchwandert hat, ihm nichts mehr bleibt und Peter Fallow als Fledderer einer medialen Leiche Profit aus dieser Tour de Force zieht, dann verstummt die Bissigkeit und Morgan Freeman, ausgerechnet Morgan Freeman, darf ein muffiges Plädoyer über den Wert der Gesetzes und die Gerechtigkeit in einem gesellschaftlichen System herausknüppeln, in dem er den gesamten Vorlauf durch seinen Appell an die Prinzipien des Menschen konterkariert und in ein mehr als unnötiges Finale driften lässt. Ein Film, der die meiste Zeit eh schon auf Sparflamme brodelt, verschandelt sich und seine Thematik der Anbiederung wegen letztlich selbst.


4 von 10 rettenden Tonbandaufnahmen


von souli

Review: WALL STREET – Oliver Stone und der schmierige Kapitalismus

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Fakten:
Wall Street
USA. 1987. Regie: Oliver Stone. Buch: Oliver Stone, Stanley Weiser. Mit: Charlie Sheen, Michael Douglas, Michael Sheen, James Spader, Daryl Hannah, Oliver Stone, Hal Holbrook, Terence Stamp, Sean Young, Saul Rubinek, John C. McGinley u.a. Länge: 127 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Bud Fox ist ein aufstrebender Broker an der Wall Street, jedoch hat er größere Ziele und möchte nicht sein ganzes Leben am Telefonhörer hängen, sondern eine echte Legende der Branche werden. Eine Legende, wie Gordon Gecko sie ist, der unantastbare Spekulant, zu dem Fox schon seit Monaten Kontakt aufnehmen möchte, aber immer wieder abgewimmelt wird. Als sich die große Chance offenbart und Fox Gecko ein Idee unterbreitet, zeigt Gecko tatsächlich Interesse an dem Jüngling und nimmt ihn unter seine Fittiche. Jedoch hat sich Fox das Leben auf der Seite des Gordon Geckos ganz anders vorgestellt…




Meinung:
Oliver Stone war in seinen gesellschafts- wie politkritischen Filmen nie der Regisseur, der für eine fortwährend sensible Subtilität im Umgang mit seinen Themen einstand und dabei genauso wenig mit einer nüchternen Auseinandersetzung kokettierte. Oliver Stone griff gerne zum pragmatischen Holzhammer und hat die anvisierten Brennpunkte reichlich bissig und ohne jede Umschweife lautstark gestürmt. Das hat nicht immer für Jubelchöre gesorgt und die unverkennbare Polemik Stones hat auch ein ums andere Mal den filmischen wie thematischen Bogen überspannt, so dass die abschließende Bewertung ein achtenswertes Grundkonzept berücksichtigen durfte, das Endergebnis dennoch als gescheitertes Projekt festhalten sollte. Und dennoch muss man Oliver Stone für sein permanentes Engagement, die weitreichenden Problemfelder innerhalb amerikanischer Systemzonen zu kritisieren, nach wie vor loben, auch wenn ihm wiederholt der rhetorische wie inszenatorische Feinsinn verloren geht, der einen mehr als gelungenen Film schließlich auf den ehrenwerten Status eines Meisterwerks hieven könnte.



Gnadenlos charismatisch: Gordon Gecko
Der Moralist Oliver Stone ist immerhin ein Filmemacher, der noch etwas zu sagen hat und keinesfalls die öffentliche Missachtung scheut. Vor allem dann nicht, wenn ihm dadurch Meisterwerke wie „Platoon“ (1986) oder ganz besonders „John F. Kennedy – Tatort Dallas“ (1991) gelingen, ganz egal ob die Presse wutentbrannte Hasstirade in seine Richtung feuert und ihm einen klaren Verstand aberkennen möchte. Nein, Stone hat oft genug Recht mit seinen cineastischen Anprangerungen, die natürlich nicht nur im Kino so vom gebürtigen New Yorker vertreten werden, doch wenn sich der Film letztlich einem recht platten Grundtonus geschlagen gibt, dann muss ihm auch das „Besonders wertvoll“-Prädikat weiterhin verwehrt bleiben, gute Absichten hin oder her. Ein Musterbeispiel ist da sein Klassiker „Wall Street“ (1987), der sich dem weltweiten Ruhm natürlich verdient hat, nur tritt hier genau der angesprochene Fall ein, dass es Stone schlussendlich nicht gelingt, etwas wirklich Tiefgreifendes, Mehrwertiges aus der ohne Frage gelungenen Konstellation zu ziehen.


Bud will weg vom Hörer, hin zum Geld.
Die Aufblende ist dabei mit der typischen Ironie versehen, wie man sie von Stone in vielen anderen Werken bereits kennengelernt hat: Das Empire State Building  wird von Kameramann Robert Richardson zum unzerstörbaren Monument des achtziger Jahre Kapitalismus stilisiert, eine sich dem Himmel entgegenstreckende, knapp 380 Meter hohe Kathedrale. Dazu steigt im Hintergrund langsam die Sonne empor, romantisierend, einladend, ein schönes Leben im Sammelbecken der Maßlosigkeit New York Citys verlautend, während Frank Sinatra genau von diesem Griff zu den Sternen singt. Von diesem Griff träumt auch Protagonist Bud Fox (Charlie Sheen), der nicht mehr nur als mickriger Broker fungieren möchte, sondern endlich mit den Großen spielen will, einem Alphatier wie Gordon Gecko zum Beispiel, eine allseits populäre Legende der Branche, ein gewissenloses Spekulantenmonstrum, charismatisch, aufregend und doch so verlogen in seinen Absichten; hervorragend verkörpert von einem Michael Douglas in schmieriger Hochform.


Bud Fox wird langsam verführt von der dunklen Seite und geht der Kapitalistensau Gecko geradewegs ins Netz, denn dieses Leben, schwimmend im Geld, verlautet Spaß, steht für Frauen, für Macht und Sorglosigkeit. Obgleich Charlie Sheen kein Schauspieler vom Format eines Michael Douglas ist, der ihm in seiner vereinnahmenden Präsenz wirklich Parole bieten könnte, strahlt Sheen genau diese ambitionierte Blauäugigkeit aus, die sein Charakter für die nötige Glaubwürdigkeit auch gebraucht hat, die es nachvollziehbar macht, warum Gecko hier vorerst leichtes Spiel hatte und ihn ohne viel  Aufwand zum eigenen Vorteil instrumentalisieren konnte – Ganz egal ob Fox dadurch ebenfalls ein gutbemittelter Mann wird, Hauptsache er erlangt nicht seinen Reichtum. Genau in dieser Charakterkombination offenbart „Wall Steet“ seine wahren Stärken, auch wenn jede Entwicklungen und Handlungen vorhersehbar bleiben, reflektieren sie doch auch genau die Mentalität, wie sie sich zur Zeit von Präsident Reagan im Yuppiekonsens ohne viele Ausnahmen abgespielt hat.



Vater und Sohn entfremden sich.
Nur hat Gecko seine moralische Instanz schon vor langer Zeit gegen einen üppigen Bündel Banknoten eingetauscht, während Fox, der natürlich eine Art Mentor, ein Vorbild in ihm erkennen möchte, das Gewissen treu bleibt, nicht zuletzt dank der väterlichen Führung, die Fox im Verlauf der Geschichte zu einem treibenden Individuum zwischen den Fronten erklärt. „Wall Street“ stellt daher auch, sollte man sich nicht mit dem Fachjargon der Gefilde auskennen und auch darüber hinaus kein Interesse an Spekulationen, Prozenten, Aktien, Immobilien, Wertpapieren und Investmentanalysen, keine großen Verständnisprobleme dar, höchstens die Details könnte ein gewisses Maß an Fachchinesisch aufweisen. „Wall Street“ lebt eher von der Frage nach Moral in einem System, dass sich der unmoralischen Profitgeilheit  längst verschrieben hat. Gordon Gecko bringt es bei einer Versammlung von Aktionären auf den Punkt: Gier ist gut. Gier ist wichtig. Doch Gier führt auch früher oder später in den Fundus der Illegalität und lässt den aufstrebenden Bud Fox langsam an der erbarmungslosen Klaue des rücksichtslosen Corporate Raider zweifeln.


Wie gesagt: Grauzonen besitzt „Wall Street“ nahezu keine, vielmehr funktioniert der Film als moralisierende und verurteilende Kritik am amerikanischen Finanzsystem und dem eklatanten Verlust von Werten und Normen. In einer symptomatischen Szene bemerkt Fox schließlich, dass er sich selbst gänzlich aus den Augen verloren hat. „Wer bin ich?“, fragt er sich verwirrt und muss feststellen, dass ihm keine rechte Antwort auf die introspektive Frage einfallen mag, so verzogen und geblendet wurde er von den obsessiven Charakteristiken des Gordon Geckos, der den Schlüssel zum Erfolg in der Liquidität sieht und die groben Schachzüge am Aktienmarkt als Kriegsführung betrachtet, in der zornige Kontrahenten bis zur Explosion gereizt werden müssen. Ein weiterer Pluspunkt, der  „Wall Street“ so wunderbar effektiv erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass diese fiktive Geschichte niemals stilistisch verfremdet oder in ihrer eindimensionalen Charakterisierung unglaubwürdig erscheint. Am Ende gilt: Wenn der Mensch in den Abgrund blickt, dann sieht er da eine gähnende Leere. In diesem Moment entdeckt er seinen eigentlichen Charakter. Und genau das ist seine Rettung.


7,5 von 10 illegalen Insiderinformationen




Von Souli