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Review: BLOOD FEAST – Die Geburtsstunde des Splatterfilms

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Fakten:
Blood Feast
US, 1963. Regie: Herschell Gordon Lewis. Buch: Allison Louise Downe. Mit: Mal Arnold, William Kerwin, Connie Mason, Lyn Bolton, Scott H. Hall, Christy Foushee, Ashlyn Martin u.a. Länge: 67 Minuten. FSK: Ungeprüft. Nicht im freien Handel erhältlich.


Story:
Fuad Ramses ist der Besitzer eines Catering-Services, welcher auf ägyptische Spezialitäten ausgelegt ist. Hinter der Fassade des Mannes verbirgt sich allerdings ein geisteskranker Psychopath, der sich das Ziel gesetzt hat, eine ägyptische Göttin wieder auferstehen lassen. Hierfür tötet er junge Frauen, denen er Körperteile abtrennt oder Organe entnimmt, um diese für ein Ritual zu kochen. Als er für die Tochter einer Kundin ein ägyptisches Dinner organisieren soll, sieht er seine Chance gekommen, das Ritual endlich zu vervollständigen.





Meinung:
Im Laufe der Filmgeschichte hat sich das Genre des Horrorfilms in vielfältige Subgenres unterteilt. Eines davon ist der Splatterfilm, der zunächst als verpönt galt und weitestgehend abgelehnt wurde. Diese besonders explizite Gattung zeigt das Abtrennen von Körperteilen und Vergießen von Blut in besonders exzessiven Dimensionen. Spätestens in den 80er-Jahren hat das Splatter-Kino allerdings auch langsam im Mainstream Anklang gefunden. Vertreter wie "Braindead", "Tanz der Teufel" oder "Dawn of the Dead" genießen heutzutage einen gewissen Kultstatus und sind unlängst fester Bestandteil der Popkultur geworden.


Die
Gleich wird lecker gekocht!
Geburtsstunde des Splatterfilms lässt sich hingegen auf das Jahr 1963 zurückverfolgen, in dem Regisseur Herschell Gordon Lewis seinen billigen Low-Budget-Schocker "Blood Feast" veröffentlichte. Oberfläclich betrachtet ist der Streifen ein Reinfall auf diversen Ebenen, der für viele mittlerweile nur noch als unfreiwillig komischer Trashfilm funktioniert. Die Inszenierung ist in vielen Momenten wirklich dilettantisch, Szenenübergänge wirken abgehakt, es gibt Tag- und Nachtwechsel innerhalb einer Szene und während der sehr kurzen Laufzeit von gerade einmal 67 Minuten bleibt wenig Zeit für eine ansatzweise packende Dramaturgie. Dazu kommen Schauspieler, von denen man meint, sie wären wegen vielen Eigenschaften gecastet worden, nur nicht wegen ihrer Schauspielkünste. Die Dialoge wirken lachhaft und werden ebenso unbeholfen vorgetragen. Und doch hat dieser Film eine ganz eigenartige Faszination und besondere Ausstrahlung, die erahnen, wenn nicht sogar komplett verstehen lässt, weshalb er auf krude Weise ein Meilenstein wurde. Die Geschichte ist denkbar simpel: Ein geisteskranker Besitzer eines ägyptischen Catering-Services ermordet junge, schöne Frauen und erleichtert sie um ihre Körperteile oder Organe, um ein Ritual durchzuführen, mit dem er eine ägyptische Göttin wiederauferstehen lassen will. Auch wenn der Handlungsverlauf auf das absolute Slasher-Grundgerüst heruntergenagt wurde, versprüht bereits diese Komponente, in der man den Plot mit etwas ägyptischer Mythologie sowie okkulten Ritualmorden unterfüttert hat, eine ungemein krude und seltsame Aura.


Hinzu kommen die Mordszenen, die von einem abnormalen Sound-Design mitsamt herausragendem Score und bestialischen Grausamkeiten begleitet werden. Auch wenn der eigentliche Gewaltakt aufgrund des kaum vorhandenen Budgets nie wirklich explizit gezeigt wird, sondern eher die direkten Folgen in Form matschiger Sauereien, strahlen diese eine wirklich verstörende Atmosphäre aus und haben sichtbare Spuren in nachfolgenden Vertretern des (Sub-)Genres wie beispielsweise den Gialli von Dario Argento hinterlassen. Für die Hauptrolle des gestörten Serienkillers hat man mit Mal Arnold zudem einen echten Besetzungscoup gelandet, denn dieser sticht aus den ansonsten blassen oder hölzernen Leistungen der übrigen Darsteller durch seine wahnhafte Performance wirklich heraus. Letztendlich ist es diese dreiste Unbekümmertheit und das krude Missachten filmtechnischer Konventionen, durch das sich "Blood Feast" seinen Status als eigenwilliger Meilenstein sowie Geburtsstunde des Splatterfilms verdient hat. Der Film mag objektiv auf vielen Ebenen ungenügend erscheinen, doch gerade die unangepasste Machart, mit den verstörenden Zwischentönen, der bizarren Mythologie und den derben Gewalteinlagen machen aus ihm ein faszinierendes Relikt, das für jeden eine kleine Entdeckung darstellen dürfte, der sich gerne und leidenschaftlich mit dem Horror-Genre auseinandersetzt.


7 von 10 im Ofen gebackene Beine


von Pat

Review: DOCTOR WHO - SIEBTER DOKTOR, VOLUME 1 – Guter Start für Neueinsteiger?

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Fakten:
Doctor Who – Siebter Doktor, Volume 1
UK. 1987. Regie: Chris Clough, Andrew Morgan u.a. Buch: Jane Baker, Pip Baker u.a. Mit: Sylvester McCoy, Bonnie Langford, Mark Greenstreet, Karen Clegg, Richard Gauntlett u.a. Länge: 350 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 28. November 2014 auf DVD erhältlich.


Story:
Der Doktor ist wieder unterwegs durch die Zeit. Leider steckt er gleich zu Beginn auf einem fremden Planeten fest und kann sich an nichts mehr erinnern. Doch dies ist nur der Anfang für weitere Abenteuer.





Meinung:
Nicht nur in Groß Britannien hat „Doctor Who“ einen wahnsinnig große Fangemeinde, sondern überall auf der Welt. Vor allem dank des geglückten Neustarts im Jahre 2005 mit Christopher Ecclestone als zeitreisender Doktor, ist die Kultserie, die ihren Ursprung in den 1960er Jahren hat, auch heute noch in aller Munde. Kein Wunder also, dass nun auch die alten Abenteuer des Doktors fürs Heimkino veröffentlicht werden. Mit dem siebten Doktor, der seine Amtszeit von 1987 bis 1989 hatte, ist nun die erste Box erschienen, die mit prallem Bonusmaterial aufwartet und gewiss die Fans zufriedenstellen wird. Uns beschäftigt aber eine andere Frage: Wie gut ist „Doctor Who - Siebter Doktor, Volume 1“ für Neueinsteiger geeignet?


Der siebte Doktor: Beschwingt aber ohne Erinnerung
Nun, da keiner aus unserem Autorenteam jemals eine Episode „Doctor Who“ gesehen hat, haben wir hier einfach einmal den Härteteste gewagt, nachdem uns die einen Serienfans prophezeiten, die Folgen mit Sylvester McCoy („Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“) wären bestens zum Ersteinstieg geeignet, während andere Fans uns gewarnt haben, es sei der denkbar ungünstiges Start in die Welt des Doktors. Recht haben irgendwie beide, wobei es vor allem dem grandiosen Bonusmaterial zu verdanken ist, dass jeder der die Zeit und Muse hat, sich in die mittlerweile äußerst komplexen wie aber auch liebenswerten Welt des Doktors vertiefen kann, ohne zuvor sämtliche Vorgänger Staffeln zu sehen. Ohne Hintergrundwissen wird man allerdings ziemlich drastisch ins kalte Wasser geworfen. Da muss man als unwissender Neueinsteiger schon kräftig gegen die Wellen kraulen, um irgendwann wieder Land unter den Füßen zu spüren. Aber es lohnt sich durchaus. Für Freunde von High Concept Fantasy oder effektüberladener Sci-Fi ist „Doctor Who“ aber sicherlich kein wahres Vergnügen. Alles anderen freuen sich über charmante Sets und Kostüme sowie Sylvester McCoy als siebten Doktor, der mit seiner verspielten wie aber auch sehr manipulativen Art und Weise die Kurzweiligkeit der einzelnen Folgen weitervorantreibt, was jedoch nicht immer wirklich verhindern kann, dass die Immersion nicht immer wirklich funktionieren will. Ob Kenner und Fans des Serien-Universums das genauso sehen darf allerdings stark bezweifelt werden.


Volume 1 des siebten Doktor ist eine Paradebeispiel, wie man selbst ältere Serien fürs Heimkino veröffentlichen sollte: Viele Extras und eine liebevolle Aufmachung. Aber am Ende zählt letztlich doch am meisten das Hauptprodukt und das erweist sich als liebenswerter wie charmanter Zeitvertreib. Sci-Fi-Spaß der alten Schule. Statt großen Studiobauten entstanden damals fremde Welten halt einfach in Kiesgruben oder in alten Wäldern. Ein wundervoller und schöner Kontrast zum Bombast der heutigen Zeit. Ob es ausreicht um neue Fans für den Doktor zu genieren wird sich zeigen. Die, die bereits Fan sind, sollten sich diese Box aber nicht entgehen lassen.


7 von 10 Colin-Baker-Perücken

Review: BAD TASTE, MEET THE FEEBLES, BRAINDEAD - Die Frühwerke des Peter Jackson

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Fakten:
Bad Taste
Neuseeland. 1987. Regie und Buch: Peter Jackson. Mit: Terry Potter, Peter Jackson, Craig Smith, Mike Minett, Peter O’Herne u.a. Länge: 88 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren (Uncut-Fassung ist indiziert). Auf DVD erhältlich.


Story:
Menschen sind lecker! Deswegen machen einige Aliens Jagd auf die Gourmet-Häppchen auf zwei Beinen. Doch diese wissen sich zu wehren. Es kommt zu einem Kampf zwischen Menschheit und Außerirdischen, bei dem vor allem der gute Geschmack auf der Strecke bleibt.





Meinung:
Fünf Jahre bevor Peter Jackson mit „Braindead“ DAS Referenzwerk des standesgemäßen Splatter-Kinos inszenierte, unternahm er schon mit seinem Debüt „Bad Taste“ erste Akklimatisierungsversuche in dieser vor Schnodder nur so triefenden Domäne. Der Name ist hier tatsächlich Programm und die Grenzen des guten Geschmacks mit Leichtigkeit durchbrochen. Peter Jackson (auch in einer ulkigen Doppelrolle zu sehen – Stichwort 'Schleimsuppe') feiert sein Panoptikum der Absurditäten nach allen Regeln der Billigkunst ab. Garstige Außerirdische in humanoider Gestalt suchen ein verschlafenes Küstenstädtchen heim und radieren dieses fast vollständig aus, um die Leichen der heimischen Fast-Food-Produktion darzubieten. Immerhin ist es keine reine Willkür! Allerdings haben vier Regierungsagenten, die speziell für einen solchen Angriffsfall ausgebildet wurden, etwas dagegen und setzen sich den extraterrestrischen Hackfressen zur Wehr. Und da brennt auch schön die Hütte. „Bad Taste“ ist albern, gepickt mit grenzdebilen Slapstickeinlagen und einem herrlich-überschwänglichen Gehalt an Blut, Gekröse und sonstiger Pampe, die so aus den jeweiligen Körpern siffen kann. Eine orgiastische Gulaschkanone, heftigst primitiver Trash an und für sich, aber eben doch mit dem rechten Maß an Leidenschaft in Szene gegossen/gewichst/gekotzt. Kult? Dumme Frage.


6 von 10 explodierenden Gehirnen


von souli




Fakten:
Meet the Feebles
Neuseeland. 1989. Regie: Peter Jackson. Buch: Fran Walsh, Peter Jackson, Danny Mulheron, Stephen Sinclair. Original Stimmen von Donna Akersten, Staurt Devenie, Mark Hadlow, Peter Vere-Jones, Mark Wright u.a. Länge: 93 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD erhältlich.


Story:
Die Show der Feebles ist nur noch ein Desaster. Vom Glanz früherer Zeiten ist nichts mehr übrig. Igel Robert versucht daran etwas zu ändern, doch sein Erfolg ist bescheiden. Als Nilpferd-Diva Heidi dazu immer wahnsinniger wird ist nicht nur die Show Gefahr.





Meinung:
Peter Jackson, erklärter Fan der Muppets, huldigt Jim Hensons legendärem Puppentheater, mit einer verzerrten Parodie. Fern von familientauglicher Unterhaltung zelebriert Jackson Anarcho-Ulk jenseits von Pädagogik und anderen Nettigkeiten. Ekel, Gewalt und Tabubrüche werden hier so aufbrausend wie exorbitant durchexerziert und nur durch den Plüsch der Puppen gefiltert. Das Ergebnis ist frei von Rhythmus aber dennoch voller Dynamik, der Dynamik des pubertären Berauschens an der Grenzverschiebung. Das ganze überspannte Tamtam aus Blut, Eiter, HIV und Amoktaten reizt sich zwar schnell aus, die Liebe zum Detail und die Liebe zum synthetisch Ekel, erzeugt durch seltsame Flüssigkeiten und Fratzen aus Textil, hält „Meet the Feebles“ durchgängig am Leben. Dazu ist seine Positionierung bis heute einmalig. So anarchisch, so brutal, so widerwertig und teilweise so abartig amüsant sind und waren Puppen noch nie. Das niedrige Budget erzeugt dazu einen durchaus netten Charme, basierend auf der Couleur des unbarmherzigen Super-Low-Trashs. „Meet the Feebles“ ist ein Werk, welches wohl noch mehr als „Bad Taste“ vor allem für die Genießer des schlechten Geschmacks, aber vor allem für die Anhänger des ultra-absurden geeignet ist. Alle anderen bleiben lieber bei den Muppets. Die bieten cleverere und langlebigere Unterhaltung, bieten dafür aber keine Nekrophilie. Tja, keiner ist perfekt.


6 von 10 bösen Hippos


von stu




Fakten:
Braindead
Neuseeland. 1992. Regie: Peter Jackson. Buch: Frank Walsh, Stephen Sinclair, Peter Jackson.
Mit: Timothy Balme, Diana Penalver, Elizabeth Moody, Ian Watkin, Jed Brophy u.a. Länge: 107 Minuten. FSK: keine Freigabe (Uncut-Fassung ist beschlagnahmt). Auf DVD erhältlich.


Story:
Muttersöhnchen Lionel verliebt sich unsterblich in die hübsche Paquita. Doch dem jungen Glück steht vor allem Lionels herrschsüchtige Mutter im Weg. Als die von einer seltsamen Kreatur gebissen wird und sich daraufhin in einen Zombie verwandelt, beginnt das ganz große Unheil.





Meinung:
-"Deine Mutter hat meinen Hund gegessen!"
-"Noch nicht ganz..."
Fünf Jahre nach „Tanz der Teufel 2“ stieß Peter Jackson Sam Raimi vom Fun-Splatter-Thron und trotz dort seitdem jedem Putschversuch. Selbst wenn jemand das irgendwann, irgendwie (kaum vorstellbar) jemals toppen sollte, „Braindead“ wird wohl für immer eine Ausnahmeerscheinung bleiben. Eine Lovestory mit Ratten-Affen, innigster Mutter-Sohn-Beziehung und ganz, ganz viel Schmadderpampe. Angereichert mit diversen Anspielungen auf Klassiker wie „Night of the Living Dead“ oder „Psycho“ gelingt Jackson mit minimalen Möglichkeiten eine erstaunlich gut gemischte und abgeschmeckte Blutwurst aus. Klassischer Slapstick, pechschwarzer Humor und grenzenloser Gore treten sich nicht gegenseitig auf die Füße, sie waten Hand in Hand durch einen hüfthohen Sumpf aus Blut und Innereien. „Braindead“ kennt gar keine Kompromisse und ist trotz eines extrem hohen Ekelfaktors niemals wirklich bösartig, menschenverachtend oder zynisch. Er nimmt sich und lässt sich keine Sekunde ernst nehmen, scheut deshalb jede Hemmungen und wütet wild drauflos. Verspielt, aberwitzig, kurios und mit unendlich viel Liebe zum Detail. Selbst wenn der Film nicht eh schon über die gesamte Zeit grandios wäre, allein dieses Finale muss man eigentlich mal gesehen haben. Immer noch unfassbar. Für viele wird Peter Jackson für „Herr der Ringe“ unsterblich geworden, ist ja auch verständlich, aber das hier ist eigentlich sein Meisterwerk. Besser kann man das nicht machen. Nicht zu der Zeit, nicht mit dem Budget und heute traut sich das eh keiner mehr.
„Ist das der mit dem Zimmermädchen und dem Esel?“
Nein, das ist der mit dem Zombie-Baby und dem Rasenmäher.


9 von 10 bissigen Zootieren


von JackoXL

Review: THE CROW – DIE KRÄHE – Wenn ein Trauerfall zum Kult verhilft

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Fakten:
The Crow – Die Krähe (The Crow)
USA. 1994. Regie: Alex Proyas. Buch: David J. Schow, John Shirley, James O. Barr (Vorlage). Mit: Brandon Lee, Ernie Hudson, Michael Wincott, Bai Ling, Rochelle Davis, Anna Thomson, David Patrick Kelly, Sofia Shinas, Angel Davis, Tony Todd, Jon Polito, Bill Raymond, Michael Massee, Laurence Mason u.a. Länge: 102 Minuten. FSK: freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Musiker Eric und seine Freundin Shelly werden einen Tag vor Halloween, dem Tag der Toten, in ihrer Wohnung überfallen und brutal ermordet. Ein Jahr später kehrt Eric aus der Totenwelt zurück, begleitet von einer Krähe, um sich an den Tätern und den Drahtziehern zu rächen.




Meinung:
Es ist schon ein ernüchternder Augenblick, wenn man während der Sichtung eines hoch angepriesenen Werkes langsam realisiert, dass sich der von allen Seiten frenetisch gefeierte Film doch als herbe Enttäuschung entschleiert und die einheitlichen Jubelchöre im Nachhinein so als äußerst dubios darstellt. Bei einer solchen Enttäuschung ist allerdings der Rahmen in der sich diese abspielt von größter Bedeutung: Wiegt sie so schwer, dass sie jede positive Facette im Keim erstickt oder lässt sich der Film trotz des einschneidenden Erwartungsdämpfers noch als gelungen respektive sehenswert titulieren. Hier muss fachgemäß differenziert werden; die objektive Perspektive muss das subjektive Hemmnis kontrollieren. Alex Proyas ("I, Robot", "Knowing") gemeinhin als Kult verehrter Gothic-Fantasy
„The Crow“  stößt direkt in diese besagte Kerbe und wird dem verschrieenen Status eines Meisterwerkes nicht im Ansatz gerecht. Schlecht ist der Film aber trotzdem nicht.


Visitenkarte a la rachegieriger Superheld
James O'Barrs Comic aus den 1980er Jahren war ein von tiefer Traurigkeit gezeichnetes Charakter-Drama, in dem sich alles um die Auferstehung des ermordeten Eric Draven dreht, der Rache an den Mördern verüben möchte, die ihn und seine Freundin in das Reich der Toten beförderten. Was die Vorlage ausgezeichnet hat, war die morbide Poesie, die sich um das düstere Handlungsschema klammerte und der Gothic-Quiddität mit rabenschwarzer Romantik begegnet, anstatt sie als Abnormalität bis ins Unermessliche zu pervertieren. James O'Barr kannte die Subkultur und ihre wesentliche Charakteristiken, und hat den Leser mit ihr als Milieuunterbau in die Welt des Schmerzes geführt. Ein Schmerz, der so physisch wie psychisch peinigt, der sich bis tief in die Seele frisst und jede Rationalität ad absurdum führen kann: Der Schmerz einer gebrochenen Liebe. Zwei Menschen, die eine gemeinsame Zukunft hatten, die zusammen Träumen durften, wird in einem Moment des Grauens schlagartig alles genommen.


Eine waschechte Crowmance
Man muss sich selber den Gefallen tun und sich von der Comic-Vorlage abnabeln, um Alex Proyas Interpretation mit der gebührenden Fairness zu begegnen. Ein schwerer Schritt, gerade für Fans sämtlicher Comics, aber dennoch ein unumgänglicher. Wenn Eric Draven aus seinem Sarg entflieht und der Zuschauer an einen markanten, oft zelebrierten Bestandteil des Horror-Kinos erinnert wird – Die Toten, die aus ihren Gräbern steigen; die Gliedmaßen, die sich langsam aus dem nassen Erdboden an die Oberfläche bohren – dann beginnt die eigentliche Geschichte und Draven beschreitet den Pfad der Selbstjustiz. Immer wieder wird dabei das Geschehen mit Rückblenden gesättigt, die – und das ist besonders ausschlaggebend – Dravens Handlungen in Folge nachvollziehbar machen, aber niemals legitimieren wollen, wenngleich es letztlich doch eine Katharsis gibt, die wohl in einem Film von realistischem Couleur als ziemlich verwerflich stigmatisiert werden dürfte. In „The Crow“ lässt sich die letzte Szene eher als melancholischer Abschied von unserer Wirklichkeit bezeichnen. Ein Abschied, der in die Arme der Geliebten führt. Schönheit und Schwermut liegen hier nah beinander.


Was „The Crow“ nur erheblich ins gefiederte Fleisch schneidet, ist, dass Proyas Inszenierung wie auch David J. Schows und John Shirtleys Drehbuchadaption nie die Emotionalität erreichen, die die Figur des Eric Draven hergibt. Das Szenario, so vehement es auch in tiefschwarze Töne getaucht sein mag, so herbe der Dauerregen auch prasselt, schreit immer wieder nach erzwungener Hobbymorbidität, in dem sich ein von den Toten Erwachter durch die Gangsterszene eines apokalyptisch angehauchten Detroit mit ansehnlichem Waffensammelsurium metzelt. Proya gibt sich sichtlich Mühe, „The Crow“ eine der Vorlage getreue Atmosphäre zu schenken; seine Unsicherheit zeichnet sich aber schon am erwähnten Regen ab, der zwar von Draven hin und wieder eine ironische Spitze verpasst bekommt, aber nur offenbart, dass er es sich doch nicht in vollem Ausmaß zutraut, ein wirklich packendes, finsteres Klima zu evozieren. Ein inszenatorischer Kniff, der letztlich mehr den fehlenden Mut, als der eigentlichen Intention in die Karten spielt.


In der Totenwelt hat er auf Akkupunkteur umgeschult
Das Detroit, in dem „The Crow“ spielt, erinnert an ein verruchtes Gotham City, in dem die kriminellen Teufel die Zügel in der Hand haben und niemand daran denkt, den Posten des nächtlichen Gesetzeshüters mit Maske und Cape einzunehmen. Sobald sich die Krähe als Symbol der Reinkarnation verbreitet hat und unseren Protagonisten als übernatürlicher Wegweiser durch die schäbigen Gassen der Stadt hilft, wird „The Crow“ mehr und mehr zum seichten Selbstjustizreißer, in dem Draven einen Gangster nach dem anderen zur Strecke bringt. Klingt reichlich reaktionär? Ist es auch, nur haben wir es hier mit einem Fantasyfilm zu tun, in dem die Regeln doch etwas anders geschrieben werden und mit einem anderen Maßstab gemessen wird. Es fehlt einfach die emotionale Substanz, die im Comic selbst sicher auch nicht mit beeindruckender Finesse verdeutlicht wurde, nur war wenigstens ein Rückhalt da, der die Handlung vorantrieb, anstatt seinen Hauptdarsteller nach Schema F von einem Gegner zum nächsten zu schicken. Dass ist dann zwar alles reichlich solide gefilmt und hat diesen unnachahmliches 90s-Flair, das vor allem heute nostalgische Gefühle erwecken darf, aber platt bleibt „The Crow“ dennoch.


Würde man es drastisch sagen, dann dürfte man wohl leise behaupten, dass „The Crow“ seinen Platz als Kultfilm heute niemals genießen dürfte, wenn sein gerne in überforderter Theatralik verfallener Hauptdarsteller Brandon Lee, Sohn des legendären Kampfsportkünstlers Bruce Lee, nicht auf tragische Art und Weise bei den Dreharbeiten ums Leben gekommen wäre. Allerdings, so wahr die These auch klingen mag,ist dieser Tonfall wohl doch etwas fehl am Platze, denn schlecht ist „The Crow“ einfach nicht. Der Film hat seine eklatanten Defizite, ob es die Charakterzeichnung, der Einbau der Nebenfiguren, die alle nur lose zwischen den Zeilen umhertreiben, oder die hin und wieder bemüht wirkende Atmosphäre ist. Aber Alex Proyas ist kein schlechter Filmemacher, er weiß welche Hebel er bedienen muss um den Zuschauer trotzdem bei Laune zu halten und durch die Nacht des Teufels zu eskortieren. „The Crow“ ist in seiner zwischenmenschlichen Gehaltlosigkeit dennoch unterhaltsam, auch wenn sie ihm erheblich schadet. Ein netter Liebesfilm, irgendwie anders, irgendwie nett anzusehen, aber kein Knaller.


6 von 10 nebulösen Schönheiten auf dem Friedhof


von souli