Review: GANGSTER SQUAD - Hofknicks an das Gangster-Genre


Fakten:
Gangster Squad
USA. 2012. Regie: Ruben Fleischer. Buch: Will Beall. Mit: Josh Brolin, Ryan Gosling, Sean Penn, Emma Stone, Anthony Mackie, Nick Nolte, Robert Patrick, Giovanni Ribisi, Mireille Enos, Michael Peña, Josh Pence u.a. Länge: 113 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Gangsterboss Mickey Cohen hat das Los Angeles der 1940er Jahre fest in seiner Hand. Ohne Gnade baut er sein kriminelles Imperium aus und hinterlässt dabei Chaos und Leichen. Die Polizei scheint machtlos dagegen zu sein. Doch Chief Bill Parker hat es satt tatenlos zusehen zu müssen, wie seine Stadt vor die Hunde geht. Der stellt ein geheimes Team zusammen. Unter dem Kommando von Sergeant John O’Mara stellen sich eine Handvoll harter Cops Mickey Cohen und seinen Schergen entgegen.




Meinung:
In gewisser Weise muss sich heutzutage jedes Genre in der Filmwelt immer wieder aufs Neue an der „Fluch und Segen“-Maxime messen lassen und sich auf diesem zweischneidigen Schwert etablieren. Wenn man sich also als exzessiver Cineast der exorbitant Wunderdroge Film in jeder freien Minute unermüdlich verschrieben hat und sich nicht nur als frugaler Zapper tagtäglich durch das unerforschte Fernsehprogramm scheucht, darf man durchaus behaupten, über einen gewissen Grad an Wissen, in Bezug auf die Filmhistorik, zu Verfügen. Da kommen wir eben auch zu dem angesprochenen „Fluch und Segen“-Prinzip. Jedes neue Werk, welches sich einem bestimmten Genre verschrieben hat, kann sich als Rohrkrepierer oder, mit Glück, als ersehnter Segen manifestieren. Das ist per se ja bei allen Bereichen und Genre-Eingliederungen deckungsgleich, bis auf bestimmte Ausnahmen, die fast monatlich mit neuem Output gefüttert werden und nicht selten den Anschein erwecken, auf Grund ihrer extremen Überfüllung, dass die große Explosionen kurz bevorsteht. Zum Beispiel betrifft das den Horrorfilm oder auch – wenngleich ein Subgenre – die Gangster-Sparte mit allem Drum und Dran.


Alkohol und Tabak. Na, wenn dieser Cop kein Vorbild ist
Und wenn wir einmal auf dieses Gangster-Genre blicken, dann erreichen die ersten Gedanken natürlich das organisierte Verbrechen, sprich die Mafia, vortrefflich in Sizilien anzutreffen und auf den Namen Cosa Nostra gehorchend. Dabei ist Mafia ein dehnbarer Begriff, der gerne auch Verbrechersyndikate bedecken darf, die sich letzten Endes nur als Gangsterkoalition entpuppt und nichts mit dem hierarchischen Geheimbund eines Kartells zu tun hat, der bestimmte Städte und Landteile auf aller Welt in Angst und Schrecken versetzt. Ob Yakuza, Camorra, ‘Ndrangheta, Sacra Corona Unita oder die Triaden. Die Grenzen verschwimmen zunehmend, alles und jeder will sich als Mafioso und Pate respektiert werden und genau wie uns der reale Bezug zu den systematischen Kriminellen an allen Ecken und Enden begegnen kann, sind auch die Genre-Titanen in der Filmwelt in allen Top-Listen vorhanden und finden irgendwie immer ihre Erwähnung: „Der Pate I - III“, „Es war einmal in Amerika, „Scarface“, „Miller’s Crossing“ und „GoodFellas“. Die kennt so ziemlich jeder und es gibt nicht gerade wenig Menschen, die diese Werke frenetisch bejubeln. Jetzt ist die Problematik eigentlich simpel zusammenzufassen und die Worte scheinen vollkommen überflüssig: Entweder einem Regisseur gelingt ein guter Film oder eben nicht. Er kann dem Gangster-Genre dabei mit innovative Einfällen oder Altbekanntes mit einem geschickten Händchen wieder aufarbeiten, genau wie Ruben Fleischer es mit „Gangster Squad“ getan hat.


Die Handlung von „Gangster Squad“ verrät ihr hauchdünnes Innenleben schon beim Dozieren der Inhaltsangaben. Es ist eine typische Geschichte von einem mächtigen Ostküsten Mafia-Boss, in diesem Fall auf den Namen Mickey Cohen getauft, der seine Macht immer weiter ausbreiten möchte und dazu natürlich gewissenlos über Berge von Leichen spaziert. Das LAPD kann das nicht gutheißen und der Polizeichef stellt eine Truppe zusammen, die den Gangster aufhalten sollten. Fertig. Man merkt, dass das stundenlange Gehirnjogging für diesen Film vollkommen umsonst war, denn (nach)denken oder gar rätseln braucht man über hier die gut 100 Minuten zu keiner Sekunde. Diesen Anspruch stellt Ruben Fleischer aber auch zum Glück nicht an sich selbst und wer hier wirklich im Nachhinein von einem ernstgemeinten Cop vs. Gangster-Streifen schwadronieren möchte, hat sich höchstwahrscheinlich im Kinosaal geirrt oder seinen Alltag im Nachmittagsprogramm von RTL verbracht, denn diesen Standards ist „Gangster Squad“ tatsächlich überlegen.


Das Megafon wird gleich nicht mehr gebraucht
An erster Stelle sticht natürlich die hervorragende Besetzung postwendend ins Auge des Betrachters. Die Hauptrolle übernimmt dabei Josh Brolin („No Country for Old Men“), der seine stoische Art voll auslebt und die üblichen Sprüche im angenehmen Rhythmus herausknurren darf. Dann der im Hype gebadete Ryan Gosling („Drive“), der hier nicht nur den Frauen den Kopf verdrehen wird und sich erneut als grenzenloser Charmebolzen in Szene setzen lassen hat, sondern auch die Coolness mitbringt, die er benötigt, um neben Josh Brolin nicht vollends unterzugehen. Dahinten warten Giovanni Ribisi („Ted“), Anthony Mackie („The Hurt Locker“), Robert Patrick („Terminator 2“), Michael Peña („End of Watch“) und Nick Nolte („Warrior“), die im Großen und Ganzen durchgehend blass bleiben und als stinknormale Hintermänner agieren, aber den ein oder anderen Moment doch zugesprochen bekommen. Genau wie Emma Stone („Crazy,Stupid,Love.), die vor allem gutaussehen darf, aber nicht wirklich etwas von ihrem Können zeigen darf. Ganz im Gegensatz zu Sean Penn(„Milk“) als Mickey Cohen, der mal wieder zeigt, wer der unantastbare Chef im Ring ist. Ungebunden prasselt er auf den Zuschauer ein und zermalmt dabei seine Kollegen in jeder Sekunde. Ihm gehört jede Szene und wenn er sich selber als Gott bezeichnet, hat er damit sicher nicht Unrecht.


Also nochmal sicherheitshalber die Warnung an alle, die sich mit der falschen Erwartungshaltung „Gangster Squad“ anschauen und dann bitter Enttäuscht werden: Ruben Fleischer nimmt sein Projekt in keiner Minute ernst, in keiner, und spätestens wenn Sean Penn mit dem Satz „Here comes Sanity Claus“ um die Ecke kommt, um dann in einer „Melancholia“-Zeitlupe alles in Grund und Boden zu ballern, sollte das auch wirklich bei jedem Zuschauer angekommen sein. „Gangster Squad“ ist eben ein dermaßen überstilisierter Hofknicks an das altmodische Gangster-Genre, dass einem, als Fan versteht sich, das Lächeln auf den Lippen vorprogrammiert ist. Die Vorgabe ist einfach: Gewalt wird mit Gewalt bekämpft. Ein harter Oberschurke, der nach dem Siegermanifest lebt und alles an sich reißt, muss zerschlagen werden. Da hagelt es trockene Sprüche, da spritzt das Blut und die Optik des 40er Jahre-Los Angeles ist aller erste Sahne. Eigentlich gibt es in diesem Over-the-Top-Feuerwerk keine Grenzen, denn in seiner unheimlich simplen Art macht der Film immer das, worauf er Lust hat und das ist eben die meiste Zeit brutal und ohne Umschweife dargestellt. Voller Referenzen und Klischees wird durch die Stadt der Engel gejagt, fernab jedem Realismus, und doch ist das Ganze so spaßig und temporeich, dass man sich dem Guerilla-Krieg jovial hingibt. Nicht anspruchsvoll, aber extrem unterhaltsam.

6,5 von 10 Tommy Guns

von souli

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