Review: AVENGERS: INFINITY WAR - Thanos ist da!

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Fakten:
Avengers: Infinity War
USA. 2018. Regie: Anthony und Joe Russo. Buch: Jim Starlin, Christopher Markus, Stephen McFeely. Mit: Chris Evans, Sebastian Stan, Chris Hemsworth, Robert Downey Jr., Josh Brolin, Scarlett Johansson, Karen Gillan, Tom Hiddleston, Elizabeth Olsen, Tom Holland, Chris Pratt, Benedict Cumberbatch, Mark Ruffalo, Zoe Saldana, Pom Klementieff, Vin Diesel, Bradley Cooper, Chadwick Boseman, Peter Dinklage u.a. Länge: 149 Minuten. FSK: freigegeben ab 12 Jahren. Ab 26. April 2018 im Kino.

Story:
Die Avengers haben bereits Loki besiegt und müssen sie im Sommer 2015 dem fiesen Ultron stellen, doch nichts kann sie auf die Bedrohung vorbereiten, die von Thanos ausgeht. Die Gefahr ist sogar so gigantisch, dass der dritte Avengers-Kinofilm in zwei Parts aufgesplittet werden muss. Teil 2 kommt im Jahr 2019 in die Kinos. 




Meinung:
Das ist er. Der wahrscheinlich größte Blockbuster des Jahres und gleichsam das große Finale der dritten Phase des Marvel Cinematic Universe. Viel wurde darüber gemunkelt, die Erwartungen sind astronomisch hoch.Die Macher rund um Produzent und MCU-Mastermind Kevin Feige haben nicht weniger als DEN Marvel-Film schlechthin versprochen. Über 60 Figuren aus der Comicwelt des bekannten Verlages treffen in Infinity War aufeinander. Das größte Augenmerk liegt aber auf Thanos, den grßen Superschurken, der nun endlich richtig in Erscheinung tritt und laut Werbekampagnen dafür sorgen wird, dass nach dem Film nichts mehr so ist wie früher.

Die Werbekampagnen lügen nicht. Thanos ist nicht nur ein Widersacher der Ehrfurcht auslöst, im Kanon der Filme ist er vermutlich sogar der charakterlich interessante Feind, den das MCU hervor gebracht hat. Er löst Ehrfurcht aus, genau wie Furcht und dennoch ist er nicht bloß das personifizierte Böse. Josh Brolin, der Thanos via Motion  Capturin spricht, verleiht dem Hünen eine überaus einnehmende Aura. Thanos ist der größte Gewinn von Infinity War. Dem Gegenüber steht das Narrativ des Films,dass sich immer wieder mit Problemen der Kohärenz abmüht. Das große Finale wirkt nie wirklich wie ein Ganzes, sondern wie  mehr wie eine Ansammlung von Splittern. Hier kämpfen die, dort kabbeln sich diese. Auch wenn Iron Man, Thor und Black  Panther gegen den selben Feind zu Werke ziehen, fühlt es sich nicht danach an. Am besten lässt sich Infinity War wohl als Episodenfilm beschreiben, dem es nicht gelingt ein rundes Pacing zu generieren.

Den Spektakel-Faktor mindert dies natürlich nicht. Da zerbersten Raumschiffe, mähen Druckwellen Gegnerhorden nieder und Gebäude werden in Schutt und Asche gelegt. Wie man es eben vom MCU kennt. Dank der Präsenz von Thanos, steht aber diesmal wirklich etwas dahinter. Bereits der Prolog macht klar, dass niemand der bekannten Figuren sicher ist. Daraus resultiert eine durchgehende Spannung, die hier und da gerne hätte etwas intensiver eingesetzt werden können. Zwischen diesen Spannungsmomenten wirkt Infinity War gelegentlich nämlich etwas ideenlos. Ohne den alles beherrschenden Thanos spult der Filme das Standardprogramm ab. Nach zehn Jahren wirkt das einfach etwas platt und nicht sonderlich aufregend.

Den MCU-Fans wird es egal sein. Ob sie allerdings nach ende des Films begeistert aus dem Kino strömen darf durchaus bezweifelt werden. Zu sehr haben die Marvel Studios darüber gesprochen, wie finale Infinity War sein wird. Letztendlich bietet er zwar einige durchaus extreme Momente, das Ende wirkt aber dann aber wieder so dermaßen überradikalisiert, dass am Schluss nicht der Eindruck zurückbleibt, man hätte etwas Abschließendes gesehen, sondern nur einen Türöffner für den nächsten Avengers-Films, der 2019 in die Kinos kommt.

6 von 10 tiefen Stimmen

Review: DIE DÄMONISCHEN - Der Feind in den eigenen Reihen

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Fakten:
Die Dämonischen (Invasion of the Body Snatchers)
USA, 1956. Regie: Don Siegel. Buch: Daniel Mainwaring, Richard Collins, Jack Finney (Vorlage). Mit: Kevin McCarthy, Dana Wynter, Larry Gates, King Donovan, Carolyn Jones, Jean Willes, Ralph Dumke, Virginia Christine, Tom Fadden, Sam Peckinpah u.a. Länge: 80 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Dr. Miles J. Bennell kehrt in sein Heimatstädtchen Santa Mira zurück und stößt dort auf merkwürdige Vorkommnisse. Etliche Bewohner halten ihre engsten Familienangehörigen für Fremde, es scheint sich eine unbegründete Panik auszubreiten, die im nächsten Moment wieder verstummt. Bis Dr.Bennell hinter das Geheimnis kommt: Die Gemeinde wird durch außerirdische Doppelgänger ersetzt.

                                                                                 
Meinung:
Die Stimmung der 1950er Jahre, geprägt vom noch jungen Kalten Krieg, erwies sich als idealer Nährboden für paranoides Sci-Fi-Kino. Filme wie Invasion vom Mars, Blob - Schrecken ohne Namen oder eben Die Dämonischen spiegelten im Gewand außerirdischer Invasionen die Furcht vor der Unterwanderung durch fremde, feindliche Mächte wieder, die nicht mal die weite Reise aus dem Weltall auf sich nehmen mussten. Ganz akut lauerte so eine vermeidliche Bedrohung mehr oder weniger direkt vor der Haustür oder – wie es während der angstschürenden McCarthy-Hexenjagd immer wieder suggeriert wurde – befand sich schon längst getarnt in den eigenen Reihen. Mit dieser gesellschaftlich-politischen Furcht spielt auch der Film vom späteren Starregisseur Don Siegel, sogar noch deutlicher und unverblümter als bei den anderen erwähnten Exemplaren.


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Die Vintage-Version eines "Schläfers"
Während sowohl bei Invasion vom Mars als auch (und besonders) bei Blob – Schrecken ohne Namen die Bedrohung (spätestens im letzten Drittel) konkret in extraterrestrischen Form auftrat, zeigt Die Dämonischen niemals wirklich eine Wesen aus dem Weltall. Zwar sind mal die Kokon-artigen Pflanzen und die dort „gebrüteten“ Doppelgänger zu sehen was letztlich klar für eine übernatürliche bzw. außerirdische Lebensform spricht, tatsächlich beschränkt sich die rein plastische Darstellung aber nur auf Menschen und Pflanzen. Es gibt nie eine ganz zweifelsfrei, eindeutige Erklärung von Art, Lebensform oder Herkunft der Invasoren. Was man sieht bzw. erlebt: Eine beschauliche, amerikanische Bilderbuchkleinstadt wird heimlich, still und leise übernommen von einem hinterhältigen Feind, der alles zerstört wofür eine gottesfürchtige, Freiheits- und Individuums-liebende, von gesundem Kapitalismus geprägte, moderne Zivilisation steht. Der American Way of Life, infiltriert von…sagen wir doch wie es ist, kommunistischem Gedankengut.


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Flucht vor der willenlosen Masse
Die Feinde bemächtigen sich der Identitäten braver Bürger (kopieren offensichtlich ihre Körper und nehmen ihre Platz ein, könnte man problemlos durch Gehirnwäsche ersetzen), breitet sich aus wie eine Seuche, bringt die Wirtschaft, das Freizeitvergnügen und sogar die zwischenmenschlichen Emotionen zum Erliegen. Ordnet alles einem kollektiven Bewusstsein unter, in dem Individualität und Wettbewerb in jeglicher Form nicht mehr gefragt sind oder gar nur verstanden wird. Es entsteht eine gleichgeschaltete, organische Masse, eine Maschinerie die den einzelnen Menschen ersetzt. Die Dämonischen geht dabei so wenig subtil vor, dass man ihm mühelos politische Instrumentalisierung bis hin zur blanken Propaganda vorwerfen kann (Hauptdarsteller Kevin McCarthy war nicht etwa verwandt mit Senator Joseph McCarthy sondern sogar mit einem seiner stärksten politischen Gegner, dem liberalen Eugene McCarthy), oder aber vielleicht es nur sehr direkt versteht, sich die Ängste seiner Zeit zu Nutze zu machen. Mit etwas zeitlichen Abstand mag das extrem manipulativ wirken, ist aber alles andere als ungeschickt.  


Trotz seiner subversiven Bedrohung natürlich unbestreitbar etwas naiv in vielen Punkten, mit typischen 50er-Fauxpas versehen (Alkohol und „medizinische“ Drogen sind immer einer Lösung: -„Ich glaube, wir trinken erstmal einen.“ –„Das wird das Beste sein.“) und sichtlich nicht mehr als ein recht gut gemachtes B-Movie ist Die Dämonischen zwar nicht zeitlos unbeschadet gealtert, hat sich aber dennoch seinen Status als Klassiker des Genres absolut verdient. Muss ja nicht immer für einen objektiv betrachtet grandiosen Film sprechen. Interessant bei vielen Genre-Klassikern dieser Dekade: Egal ob Invasion vom Mars, Blob – Schrecken ohne Namen oder Die Dämonischen: Sie alle bekamen ein besseres Remake spendiert (bei Invasion vom Mars nur knapp). In dem Fall ist natürlich die Version von Philip Kaufman von 1978 gemeint, obwohl auch Abel Ferrara’s Variante von 1993 nicht zu verachten ist. Das ist in der Ausbeute schon ein wenig erstaunlich. 

6,5 von 10 schlaflosen Nächten

Review: SHAPE OF WATER - DAS FLÜSTERN DES WASSERS - Romanze ohne viele Worte

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Fakten:
Shape of Water – Das Flüstern des Wassers (The Shape of Water)
USA, CA, 2017. Regie: Guillermo del Toro. Buch: Guillermo del Toro, Vanessa Taylor. Mit: Sally Hawkins, Michael Shannon, Michael Stuhlbarg, Richard Jenkins, Doug Jones, Octavia Spencer, David Hewlett, Nick Searcy, Nigel Bennett u.a. Länge: 123 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im Kino.


Story:
In einer wissenschaftlichen Regierungseinrichtung wird ein sensationeller Fund von höchster Priorität eingeliefert: Ein Wesen, halb Mensch halb Amphibie, gefangen genommen irgendwo im Amazonasgebiet, bisher völlig unerforscht. Die stumme, einsame Reinigungskraft Elisa baut unbemerkt eine Beziehung zu der Kreatur auf. Mehr noch, es entwickelt sich eine verbotene Liebesgeschichte…

                                                                                 
Meinung:
Mit stattlichen 13 Oscar-Nominierungen im Gepäck geht Guillermo del Toro’s neuestes Werk Shape of Water – Das Flüstern des Wassers sicher für alle etwas überraschend – zumindest in dem Ausmaß – als nominell großer Favorit ins alljährliche Wettrennen um den begehrten wie in seiner künstlerischen Bedeutung unlängst auch arg überschätzten Goldjungen, aber wenn die Veranstaltung eins definitiv generiert, dann positive Publicity, internationale Aufmerksamkeit und somit in der Regel ein kommerzieller Erfolg. All das sei del Toro ohnehin und generell gegönnt, denn der gebürtige Mexikaner zählt schon seit langem zu den kreativsten und liebenswertesten (trotzdem und auch deswegen so wichtig) Mainstream-Regisseuren der Welt, dem selbst Ausrutscher wie zuletzt sein optisch gewohnt prächtiger, aber ansonsten sehr verzichtbare Crimson Peak bisher nicht ernsthaft schaden.


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Liebe auf den ersten Blick?
Angesiedelt in den USA der 1950er Jahre erzählt Shape of Water – Das Flüstern des Wassers die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen der stummen, einsamen Putzfrau Elisa (enorm liebenswert ohne falsches Mitleid zu heucheln: Sally Hawkins) und einem sonderbaren Amphibien-Wesen (del Toro’s Creature-Buddy Doug Jones), das in einem Labor zu Regierungszwecken gefangen gehalten wird. Schließlich ist gerade Kalter Krieg und jede individuelle Entdeckung oder Entwicklung, von der der böse Ruski nichts mitbekommt, könnte entscheidend sein…auch wenn wir noch nicht mal ahnen, wie die in diesem speziellen Fall aussehen könnte oder ob hier einfach eine Laune der Natur für nichts und wieder nichts als streng geheime Staatssache behandelt wird. Haben ist besser als Brauchen, so viel steht schon mal fest. Trotz der ganzen Geheimniskrämerei hat Reinigungskraft Elisa mehr oder weniger uneingeschränkten Zugang zu der Kreatur und baut auf der Basis von gekochten Eiern und Musik vom Plattenspieler eine behutsame Beziehung zu ihr auf, die irgendwann in einer gewagten Rettungsaktion und schlussendlich sogar in einer „verbotenen“ Liebesbeziehung gipfelt, während Ost und West sich noch nicht ganz sicher sind, was sie genau gerade jagen und wofür das eventuell gut sein könnte. Ist ja auch wurscht, Hauptsache der andere bekommt es nicht.


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Glatzköpfe unter sich
Ein Film erbaut auf Gegensätzen, die sich beißen oder wunderbar ergänzen. Mal sind die unüberwindbar und Grund für Feindseligkeiten, mal fügen sie sich ineinander wie zwei kaputte Puzzleteile, die sich maximal insgeheim und nie bewusst gesucht, aber nun plötzlich passend gefunden haben. Einiges funktioniert (wie die sehr redselige und immer stumme Putz-Kombo), oder eben nicht (wie die Amis und die Russen beim Artenschutz aus Vernunftgründen), weil es logisch ist. Und einiges passt einfach, weil es dafür keine empirische Begründung gibt, nur ein Gefühl. Guillermo del Toro gelingt ein sehr schöner, fantasievoller Liebesfilm mit einem überdeutlichen Appell an Toleranz, der sowohl von Rassismus, gesellschaftlicher Klassendiskriminierung und natürlich der selten fundierten Angst vor dem „Fremden“ und „Andersartigen“ erzählt (womit nicht nur Fisch-Wesen, sondern auch Menschen mit anderer politischer Weltanschauung gemeint sind), technisch exzellent ohne CGI-Overkill und mit ganz viel investiertem Herzblut, das ist unverkennbares del-Toro-Kino, das ihn und seine Art des Filmemachens speziell heutzutage so unverzichtbar wie notwendig macht.


Dieser für US-Mainstream- und besonders potenzieller Oscar-Gewinner erstaunlich freizügige und ungezwungene Film (sei es die Darstellung von Masturbation als Morgenritual oder ausgewählter, aber nicht zurückhaltender Gewaltdarstellung, vor der die meisten Filme in der Position sicherlich zurückgeschreckt hätten) hat eigentlich nur ein Problem: Er ist gar nicht (mehr) so unkonventionell, wie er es wohl gerne sein möchte, wie man es erhofft hätte und wie es bei einem del Toro in Bestform schon war. An sein Premium-Stück Pan’s Labyrinth kommt er nicht heran, ist sogar relativ vergleichbar mit anderen Filmen, die heute noch unabhängig von ihrer Veröffentlichung noch eine größere Magie entfalten. Edward mit den Scherenhänden ist da ein gutes Beispiel. Dieser thematisiert praktisch das Gleiche, versteht es aber noch individueller zu verkaufen. Shape of Water – Das Flüstern des Wassers ist ein guter, sogar ein sehr guter Film, der aber den ganz Großen nicht das Wasser reichen kann, irgendwo sichtlich hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Aber trotzdem ist er so herzlich und liebevoll umgesetzt, dass er jedem ans Herz gelegt werden sollte. Allein del Toro’s unverkennbare Verneigung vor dem Kino an sich zeigt: Er ist immer noch einer von uns, mit Leib und Seele. Kein Meisterwerk, aber zu schön um einfach nur „gut“ zu sein.

7,5 von 10 schwarzen Fingern