Fakten:
Es (It)
USA, 2017. Regie: Andrés „Andy“
Muschietti. Buch: Chase Palmer, Cary Fukunaga, Gary Dauberman, Stephen King
(Vorlage). Mit: Jaeden Lieberher, Sophia Lillis, Jeremy Ray Taylor, Finn
Wolfhard, Chosen Jacobs, Jack Dylan Grazer, Wyatt Oleff, Bill Skarsgård,
Nicholas Hamilton u.a. Länge: 135 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Im
Kino.
Story:
In der Kleinstadt Derry verschwinden
immer wieder Kinder. Auch der kleine Bruder von Außenseiter Bill Denbrough
gehört zu den Vermissten. Gemeinsam mit seinen Freunden vom „Club der Verlierer“
kommt er hinter das grausame Geheimnis: Ein Wesen, das sich von Angst ernährt
und meist in der Gestalt eines Clowns auftritt, sucht Derry alle 27 Jahre heim
und begibt sich erst wieder in den „Verdauungsschlaf“, wenn es sich satt
gefressen hat. Die Jugendlichen stellen sich der unbesiegbar scheinenden Bestie
und somit ihrer Furcht.
Meinung:
Bereits jetzt ist der Neuverfilmung
von Stephen King’s Mammutwerk Es sein Status als einer der erfolgreichsten
Horrorfilme aller Zeiten nicht mehr zu nehmen. Am Startwochenende in den USA
brach er alle Einspielrekorde (für das Genre) und auch hierzulande scheint der
Hype grenzenlos. Das Ergebnis wahnsinnig günstiger Ausgangsfaktoren wie einer
brillanten Vorabvermarktung. Durch langes, geschicktes Anteasern wurde das
potenzielle Publikum heiß wie Frittenfett. Dazu kommt die Tatsache, dass sowohl
die literarische Vorlage wie auch der 27 Jahre (wie passend!) alte TV-Zweiteiler
über einen hohen Bekanntheitsgrad und eine starke Fanbase verfügen. Manche
werden beides nur vom Hörensagen kennen, aber allein das dies der Fall ist
reicht ja bereits aus. Bei diesem Es handelt es sich nicht um ein übliches
Remake, es ist die erste Präsentation auf der Kinoleinwand und mit großem
Aufwand dahinter. Zu einer Zeit, in der selbst lumpigste 08/15-Horror-Schinken
mit dem entsprechenden Oberflächenreizen von der breiten Masse aufgesaugt
werden wie Nektar, das Genre boomt mal wieder. Einen besseren Zeitpunkt, ein
besseres Projekt und eine bessere Strategie hätte es kaum geben können. Allein
dafür, unabhängig vom Film, vollsten Respekt, das ist saubere Arbeit!
99 Luftballons, ein echter 80er-Hit |
Unsterblich, hungrig, wasserdicht |
Der Film sorgt nicht für
durchgängiges Unbehagen, eine stetig mögliche Bedrohung, der Geisterbahneinsatz
ist klar abgesteckt und jeder weiß exakt, wann er sich für den nächsten Angriff
auf die Sensorik schon mal vorsorglich irgendwo festkrallen darf. Damit fährt
der vorher durch seinen Grusel-Quark Mama nicht sonderlich positiv aufgefallene
Regisseur eine erprobte, deshalb nicht lobenswerte Schiene: Horror eben wie auf
Schienen. Portioniert, genormt, möglichst laut und krawallig für den Moment,
dadurch aber ausrechenbar und nicht terrorisierend, nicht zum Fürchten (was ja
eigentlich der Sinn der Sache ist, speziell in Bezug auf diese Handlung)
geeignet. Einmal bricht der Film leicht daraus aus, in den ziemlich zentral
angeordneten Sequenzen im „Brunnen-Haus“. Was den reinen Horror angeht, ganz
klar die stärksten Minuten des Films. Natürlich werden hier auch die gewohnten
Hebel betätigt, in dieser Dichte und straffen Aufeinanderfolge ohne
Verschnaufpause oder behütende Rückzugsmöglichkeit entsteht tatsächlich
kurzzeitig echter Terror, pure Bedrohung, ein Gefühl von Panik…von Angst! Da
zeigt Es plötzlich, was in ihm steckt. Stecken könnte, wenn es sich nur mal
richtig austoben darf. Es bleibt – in dieser Intensität – leider die Ausnahme.
Sonst gibt es optisch wie akustisch stark präsentierte Sesselzucker, die nur
den Effekt und nicht das Ambiente bedienen.
Klingt nicht berauschend? Ist es
auch nicht, und trotzdem gibt es einen Aspekt, in dem ist dieser Film so
überraschend stark, dass man ihm seine Schwächen zwar aufzählen, aber kaum
krumm nehmen möchte. In seinem ausgiebigen Coming-of-Age-Part liegt die wahre
Qualität dieses Jugendabenteuers im Horrorgewand. Die großartig besetzten
Jungdarsteller werden trotz der aus Zeitdruck gestauchten Charakterisierung
schnell zu ehrlichen Sympathieträgern, ihre Rollen mit erstaunlich viel Profil
versehen, obwohl dafür eigentlich die Rahmenbedingungen fehlen. Was dem
Horrorfilm an Horrorfinesse fehlt, das kompensiert er durch eine geschickte,
auf wichtige Details bedachte Figurenzeichnung, viel Empathie wie der richtigen
Mischung aus Charme, Witz und der Story gebührenden Ernsthaftigkeit. Die besten
Momente hat der Film nicht, wenn der von Bill Skarsgård mit viel Engagement verkörperte
und teilwiese mit zu viel Tohuwabohu inszenierte Pennywise seinen gierigen
Schlund aufreißt, sondern wenn sich die Kids ihren wahren, in der Realität
existierenden Ängsten und Gegner stellen müssen (zum Teil im engsten
Familienkreis). Wer das über die Show stellt, der bekommt einen tollen, einen
mitreißenden und aufregenden Film zu sehen. Nur auf das Genre reduziert…geht da
hoffentlich mehr, sonst wird es auch eng für Kapitel 2. Da sind ja alle schon
groß…
6,5 von 10 fliegenden Kindern
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