Review: HAIL, CAESAR! - Spott und Anerkennung für Hollywood



Fakten:
Hail, Caesar!
USA. 2016. Regie und Buch: Joel und Ethan Coen. Mit: Josh Brolin, George Clooney, Alden Ehrenreich, Tilda Swinton, Scarlett Johansson, Max Baker, Channing Tatum, Heather Goldenhersh, Ian Blackman, Ralph Fiennes, Jonah Hill, Fisher Stevens, David Krumholtz, Frances McDermand, Christopher Lambert, Jack Huston, Tom Musgrave, Veronica Osorio, Patrick Fischler, Clancy Brown, Michael Gambon u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: freigegeben ohne Altersbeschränkung. Ab 18. Februar 2016 im Kino.


Story:
Im Mittelpunkt der Story steht ein sogenannter "Fixer", der sich im Hollywood der 1950er Jahre für Filmstudios um die Imageprobleme ihrer Stars kümmert. Er sorgt dafür, dass aufkeimende Skandale mit allen Mitteln vertuscht und ähnlich Probleme diskret gelöst werden.




Meinung:
Mit „Hail, Caesar!“ bringen uns die oscargekrönten Regiebrüder Joel und Ethan Coen zurück zu der goldenen Ära des Studiosystems von Hollywood, also die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als Schauspieler noch bei Studios unter Vertrag standen und von diesem System bis ins kleinste Detail, sei es bei der Entscheidung der Rollen oder die Auswahl eines Lebenspartners, gesteuert wurden. Es ist die Heimat von Eddie Mannix (wie immer ganz wundervoll: Josh Brolin), der sich für die fiktiven Capitol Films um seine Schäfchen kümmert. Das alles inszenieren die Coens als wunderbare Geschichte, die angetrieben wird von Bewunderung und Spott. Zum einen huldigen sie der damaligen Zeit, ihrer Professionalität, künstlerischen Akribie und Strebsamkeit, zum anderen lassen sie auch immer einen ironischen Ton walten. Das was „Hail, Caesar!“ dabei so überzeugend macht, ist  dass er diese beiden Elemente nicht voneinander trennt, sondern immer miteinander vermengt.


Kennt sich aus in Hollywood: Eddie Mannix
Doch „Hail, Caesar!“ reicht es nicht aus das System oberflächlich zu karikieren. Auch die gesellschaftliche und vor allem politische Dimension spielt eine entscheidende Rolle. Wenn George Clooney, der hier wie immer bei den Coen Brüdern sich eigenes Image mit Wonne und Esprit verballhornt, von einer Gruppe Kommunisten entführt wird, dann wird klar, dass „Hail, Caesar!“ sich auch vor allem darüber amüsiert, wie sehr sich Hollywood damals bemühte, in den Zeiten als ein dritter Weltkrieg unvermeidbar schien, sein Publikum in andere, perfekte Welten zu entführen und dies nicht bloß auf der Leinwand, sondern auch abseits davon. Etwa wenn man versucht die Stars als universelle Saubermänner darzustellen.  Das alleine bietet eine Menge komödiantisches Potenzial und natürlich betreiben die Coens dieses Spiel mit einer großen Dosis Absurdität, wie natürlich auch immer wieder ganz plötzlich in Erscheinung tritt und doch immer auch zum damaligen Weltbild passt. Seien es zwei Zwillingsschwestern, die als Boulevard-Kolumnistin versuchen wollen Götter des Kinos zu erschaffen, um sie dann wieder zu zerstören, oder aber Starlets, die ohne Trauschein schwanger sind und nun vom Studio dazu angehalten werden, ihr eigenes Kind zu adoptieren.


Ein Star und sein Chef bei der Aussprache
Der genutzte Humor pendelt dabei stets von offensiv zu subtil. „Hail, Caesar!“ mag nicht die Komödie sein, in der man im Minutentakt die großen Lacher serviert bekommt, aber die perfektionistische Kopie der goldenen Ära Hollywood ist dennoch stets amüsant, weil sie stets durchdrungen ist von einer Künstlichkeit, die längst die Realität verdrängt hat. Selbst die Bedrohungen von außerhalb wirken herrlich überzogen und teilweise schon äußerst clownesk. Und dennoch lädt „Hail, Caesar!“ mehr als nur einmal zum ehrfürchtigen Staunen ein. Wenn die Coen Brüder mit höchster Konzentration damalig beliebte Genre wie Tanz- oder Synchronschwimmfilme reproduzieren glänz die Leinwand. Mit erstaunlicher Liebe zum Detail und einer inszenatorischen Perfektion die Demut erzeugt, schubsen die ihr Publikum für drei, vier Minuten in diese Welt der Formen und Farben. Natürlich wird das alles kurze Zeit später wieder ironisch durchdrungen und hinterfragt, das ändert aber nichts daran, dass die Matrosentanzszene mit Channing Tatum oder Wasserballett mit Scarlett Johansson schlicht und ergreifend ganz großes Kinos ist.


Hobie Doyle, der heimliche Star des Films
„Hail, Caesar!“ selbst ist hingegen nicht wirklich großes Kinos. Dafür hat der Film hier und da schon ein paar Hänger zu viel und verliert sich gerne auch einmal in Nichtigkeiten. Dennoch weiß die Komödie zu überzeugen und dass nicht nur wegen ihrer formidablen Besetzung, bei der man allerdings erwähnen sollte, dass die meisten Superstars nur in kurzen Nebenrollen auftreten. Der wahre Star des Films ist sowieso Alden Ehrenreich als Cowboy-Darsteller Hobie Doyle. Eine Figur die schon ein wenig zu sehr als Comic Relief aufgebaut wird, die letztlich aber dann doch vielleicht die ehrlichste und aufrichtigste ist, die „Hail, Caesar!“ zu bieten hat. In ein paar Jahren wird man sich gewiss nur an manche Szenen des Films erinnern und es werden die mit Hobie Doyle sein, von denen man sagen wird, dass sie wohl das Beste am ganzen „Hail, Caesar!“ waren. Wobei die Coens – ganz nach ihrer Art – natürlich wieder Unmengen von kleinen Späßen eingebaut haben, die sich vermutlich erst nach einer weiteren Sichtung offenbaren.


Für alle die, die einen neuen „The Big Lebowski“ erwarten sei gesagt, dass sich „Hail, Caesar!“ nicht an diesem messen lassen kann. Es sind dafür einfach zu verschiedene Welten und Ansätze, die die Coens hier verfolgen. Aber selbstverständlich bietet auch dieser Film der legendären und kultig verehrten Regiebrüder durchdachte, vielschichtige und überaus gelungene Unterhaltung, die einen wunderbaren Schlusspunkt findet: Am Ende steht Eddie Mannix nämlich vor der Wahl was das richtige ist: Die Traumfabrik oder eine Todesmaschinerie zu unterstützen. Seine Entscheidung erweist dabei als wohl beste, ehrvollste aber auch durchdachteste Huldigung des Kinos seit langem.



7,5 von 10 Spaghetti-Lassos

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