Review: LOCKOUT - Mach uns den Helden, Guy


Fakten:
Lockout
USA, Frankreich. 2012. Regie: James Mather, Stephen St. Leger. Buch: Luc Besson, James Mather, Stephen St. Leger. Mit: Guy Pearce, Maggie Grace, Vincent Reagan, Joseph Gilgun, Peter Stormare, Lennie James, Jacky Ido, Nick Hardin, Tim Plester, Peter Hudson, Damijan Oklopdzic, Dan Savier u.a. Länge: 95 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahre. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Im Jahr 2079: Die Raumstation MS-One beherbergt die gefährlichsten Verbrecher und Psychopathen, die es zu geben scheint. Als Emilie , die Tochter des Präsidenten, ein paar Insassen für ein Projekt interviewen will, kommt es zum Desaster. Die Gefangenen brechen aus und übernehmen die MS-One. Um die Präsidententochter zu retten, wird kurzerhand der in Ungnade gefallene Agent Snow rekrutiert, der im Alleingang Emilie retten soll.




Meinung:
Guy Pearce ist eigentlich nicht für sein Temperament bekannt. Der Australier glänzte eher in ruhigeren Filmen wie „Memento“, „Animal Kingdom“ oder „L.A. Confidential“, deswegen war die Ankündigung, dass er im Sci-Fi-Actioner „Lockout“ den robusten Helden spielt schon relativ erstaunlich und löste bei dem ein oder anderen gewiss Stirnrunzeln aus. Zu Unrecht, wie sich jetzt zeigt, denn Pearce ist ohne Zweifel das Highlight des Films. Als ironische du sarkastische Ein-Mann-Rettungseinheit steht und fällt der Film des Regie-Duos Mathers und St- Leger mit seiner Performance. Hinter „Lockout“ steckt niemand geringere als Luc Besson, der mit den Regisseuren das Drehbuch verfasste und der französische Filmemacher hat bereits aus Charakterkopf Liam Neeson einen Action-Star geformt, weswegen die Entscheidung Pearce die Heldenrollen zu geben gar nicht so überraschend ist. Doch wo Neeson in „96 Hours“ und dem Sequel „96 Hours –Taken 2“ noch bierernst agiert, ist Pearce als Elite-Agent Snow mehr großmäulig unterwegs. Hier wird ein Spruch nach dem anderen rausgehauen. Das ist gewiss nicht immer so amüsant wie gedacht, erfüllt aber eigentlich immer den Zweck, Snow als markigen Retter zu profilieren und vor allem zum Sympathieträger zu erklären. Richtig markant wie diese Stellung von Snow vor allem dann, wenn ihm weit weniger einladende Figuren oder sogar echte Nervensägen gegenüber stehen. Wenn Snow zusammen mit der Tochter des Präsidenten durch die von Sträflingen besetzte Raumstation schleicht, kämpft und rennt, ist es immer eine unterhaltsame Wohltat, wenn Snow seine Begleitung verbal in die Schranken weist.


Held Snow hält nicht viel von Rauchverbot
„Lockout“ ist ein reinrassiger Fun-Movie, einer, der jedoch Erinnerungen an einen Klassiker des Action-Genres weckt, denn Besson und sein Regie-Duo wildern hemmungslos beim John Carpenter Meilenstein „Die Klapperschlange“. War Kurt Russell als Snake noch einsilbig und ernst, ist Pearce als Snow das genaue Gegenteil. Vergleicht man beide, so ist sehr schön zu erkennen, wie sich die Gewichtung bei Heldentypen über die Jahrzehnte verändert hat. Das sich „Lockout“ äußerst großzügig bei Carpenter bedient, macht den kurzweiligen Actionfilm aber weder besser noch schlechter. Ab und an gibt es ein paar kleinere Anspielungen (Snows Armband erinnert sehr an Snakes Countdown-Uhr), ansonsten hinterlässt die Rettungsaktion im Weltall, trotz einer sehr ähnlichen Story und Prämisse, niemals wirklich den Eindruck, als würden sich die Macher nur dreist bei „Die Klapperschlange“ bedienen ohne eigene Ideen zu nutzen. Ob diese Ideen wirklich gut sind, steht auf einem anderen Blatt.

Auch Psychopathen trinken gerne Milch
Und zwar auf diesem: Nein. Viele Ideen, handlungstechnisch wie inszenatorisch wirken fad. Gleich zu Beginn bietet der Film eine rasante Jagd, quer durch eine futuristische Metropole. Dabei verkommt die Welt rund herum um Snow zu einer Art artifiziellen Matsch. Die Hatz erinnert, spätestens wenn High-Speed-Bikes zum Einsatz kommen an ein grafisch eher mittelprächtiges Videospiel. Das sieht nicht nur suboptimal aus, das hinterlässt auch gleich zu Beginn einen eher bescheidenen Eindruck. Doch dieser täuscht. „Lockout“ bietet im späteren Verlauf solide Tricks, die vielleicht nicht an die Effekte der ganz großen Studios heranreichen, die den Film aber äußerst gut stehen. Die Schauwerte aus den Rechnern sind also, mit Ausnahme des Anfangs, nicht das größte Problem des Films. Das ist vielmehr die Action, denn richtig zur Sache geht es hier eher selten. Es macht zwar Laune Snow bei der Arbeit zu zusehen, dennoch bleibt ein schaler Beigeschmack zurück. „Lockout“ fühlt sich nach großem Tamtam an, nach riesigem Buhei, doch mehr als ein paar kürzer, actionbetonte Intermezzos zwischen oftmals unnötig langgezogenen Dialog- und Spannungspassagen (die auch nicht sonderlich überzeugend geraten sind) kann das Duo Mather und St. Leger hier nicht vorweisen.


Wenn „Lockout“ nach 95 Minuten vorbei ist, ist weder ein großes Meisterwerk, noch ein erinnerungswürdiger Film zu Ende gegangen, sondern mehr eine ganz ordentliche One-Man-Show von Guy Pearce. Der kann gerne noch einmal in die Rolle von Snow schlüpfen, oder hier und da das sarkastische, kampferprobte Großmaul mimen nur wäre es dann wirklich erfreulich, wenn der Film um die Figur herum etwas mehr hermacht und seine Versprechungen einhält. „Lockout“ jedenfalls tat dies nicht und ist somit eine rudimentär unterhaltsame Enttäuschung.

6 von 10

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