Fakten:
The Monster
USA, 2016. Regie & Buch: Bryan
Bertino. Mit: Zoe Kazan, Ella Ballentine, Aaron Douglas, Christine Ebadi, Marc
Hickox, Scott Speedman, Chris Webb u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Freigegeben ab
16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Auf dem Weg zu ihrem Ex-Mann fährt
Kathy einen Wolf an, der Wagen erleidet Totalschaden. Sie und ihre Tochter
Lizzy müssen in dem Auto ausharren, bis Hilfe kommt. Bald stellen sie fest, der
Wolf starb wohl nicht an den Folgen des Aufpralls.
Meinung:
„Hundezähne sehen anders aus…“
Lange ist es her, anno 2008, da
überraschte ein Nobody namens Bryan Bertino mit dem subversiven
Home-Invasion-Schocker The Strangers. Ein lange harmonisches, nun durch
aktuelle Ereignisse plötzlich sich sehr entfremdendes Paar wird ausgerechnet in
dieser eh sehr ungünstigen Situation „gestört“ durch eine unerklärliche Attacke
von Eindringlingen, die die privaten Probleme in den Hintergrund rücken. Mit
The Monster beruft sich der Regisseur auf eine ähnliche Thematik, tauscht
allerdings entscheidende Adjektive aus. Von Harmonie kann schon lange keine
Rede mehr sein, plötzlich ist nur die akute Konstellation. Dafür um einiges
entrückter, surrealer, noch mehr als reinigender Prozess zu betrachten, woran
The Monster – wenn man ihn an seinem Potenzial beurteilen will – sogar ein
Stück weit scheitert.
Monster gibt es nicht... |
Wieder ein (prinzipiell)
Zwei-Personen-Stück, bei dem die Chemie schwer gestört ist und die vorgegaukelte
Sicherheit zum Gefängnis wird. Die unerklärliche Bedrohung kommt von außen, ist
nicht richtig greifbar aber unmissverständlich vorhanden, der konkrete Konflikt
muss verschoben werden, um die innere Sicherheit zu gewähren. Diesmal
deutlicher, durch etwas zu zahlreiche (da immer auf den gleichen Fixpunkt
hinauslaufend) Rücklenden in den Fokus gestellt, als Grundprämisse aber sehr
ergiebig, spannend, über den Genre-Tellerrand hinausschielend. Durch gut
beobachtete Detailaufnahmen präzisiert, geschickt aufgebaut, auch weil der Film
nicht als reiner Creature-Schocker funktionieren will (und es so auch nicht
erreichen könnte). Lange bezieht sich alles auf das, was geschehen ist, nicht
auf das, was aktuell geschieht. Sowohl im hier und damals, da macht The Monster
in seiner (besseren) ersten Hälfte keine Ausnahme. Es wird eine sehr
(un)gesunde, psychologisch reizvolle Grundlage geschaffen, die den später
folgenden Endspurt – in der Form – nicht gebraucht hätte, daran sogar leichten
Schaden nimmt.
So langsam und spekulativ mit dem
Gemüts- und Wahrnehmungszustand der Protagonistinnen gespielt wird, hätte der
Film auch enden sollen. Auch auf die Gefahr hin, den gemeinen, durch den Titel
angelockten Horrorfan gänzlich zu verprellen. Wer oder was ist das Monster, nur
ein Trugbild im prasselnden Regen, mehr als nur die Manifestation einer schwer
gestörten Mutter-Tochter-Antibeziehung, die nun gezwungen ist sich in
Überlebensangst zu reflektieren? Darauf will Bryan Bertino irgendwo auch
hinaus, bewegt sich auf cleverem Terrain, aber verliert seinen angepeilten Pfad
dann leicht aus den Augen. War The Strangers in seiner Schlichtheit, eindeutigen
Genre-Klassifizierung und gleichzeitigen, fast beiläufigen Subtilität noch ein
kleiner Rohdiamant, ist The Monster von seiner Ambition zu deutlich und am Ende
trotzdem (was nicht zwingend sein muss) Genre, da stimmt das Verhältnis nicht. Interessant
konzipiert (wenn auch holprig), sehr stimmungsvoll und fachmännisch ins Ziel
getragen, das ist er zweifellos. Weniger war damals mehr, hier wäre es auch von
Vorteil.
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