Review: DUELL - Western war gestern



                                                                        

Fakten:
Duell (Duel)
USA, 1971. Regie: Steven Spielberg. Buch: Richard Matheson. Mit: Dennis Weaver, Jacqueline Scott, Eddie Firestone, Lou Frizzell, Gene Dynarski, Lucille Benson, Tim Herbert, Charles Seel u.a. Länge: 86 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
David Mann ist auf dem Weg zu einem Geschäftstermin über einen wenig befahrenen Highway. Als er einen Truck überholt, sieht es dessen Fahrer scheinbar als Provokation an. David wird fortan von dem LKW verfolgt und bald sogar attackiert. Es beginnt eine Hetzjagd, aus der es kein Entkommen mehr gibt.

                                                                     
Meinung:
Steven Spielberg zählt unbestreitbar zu den populärsten und wichtigsten Regisseuren der USA, auch wenn er schon länger eher von seinem Ruhm zehrt und seit den späten 90er Jahren eigentlich keinen Film mehr abgelegt hat, der seinen Status ernsthaft untermauern würde. Da war zwischen guter Kost und Schrott alles dabei, nur kein echter Hit. Selbst wenn es bis zum Ende seiner Karriere so bleiben sollte, seinen Status kann er nie wieder verlieren (vergleichbar: Francis Ford Coppola). Zu bedeutend sind filmhistorische und qualitative Meilensteine wie die „Der Weiße Hai“ oder die „Indiana Jones“-Trilogie (richtig, die TRILOGIE!), als das dies jemals gefährdet wäre. Angesichts seiner unzähligen (und manchmal auch gnadenlos überbewerteten) Erfolge wird viel zu selten sein Spielfilmdebüt „Duell“ erwähnt, der seinerzeit nur fürs TV entstand, und trotzdem zum Besten zählt, was Spielberg bis heute gemacht hat.


Unerwünschte Starthilfe ohne Schranke
Den rohen, unverklemmten Stil der New-Hollywood-Ära atmet auch Spielbergs Erstling, dessen Kamera in den Anfangsminuten praktisch auf der Straße klebt. Zunächst noch im Stadtgetümmel, bis sie auf einem staubigen Wüstenhighway die Stoßstangenperspektive verlässt. Nun klebt sie wie panischer Angstschweiß gut 80 Minuten an David Mann, einem braven Pantoffelheld. Bieder, gutbürgerlich, emanzipiert und fast schon kastriert. So gehört es sich zu dieser Zeit, zumindest für den aufgeklärten, modernen Mann, der zuhause nicht mehr zwingend die Hosen anhaben muss. Es ist nicht mehr wie in den muffigen, konservativen 50ern, als die staubsaugende Ehefrau dem hart arbeitenden Göttergatten nach Feierabend fröhlich lächelnd den Hut abnimmt, Pfeife, Pantoffeln und Martini serviert. David Mann ist der artige, weichgespülte Waschlappen, mit dem sich John Wayne, Lee Marvin oder Clint Eastwood nicht mal die dunkle Seite des Mondes gereinigt hätten. Bis ihn der Asphalt-Dschungel zurück in die Steinzeit wirft. Mann gegen Mann, oder eher Mann gegen Monster.


Ob die gelben Engel da noch rechtzeitig eingreifen?
Die einfachsten sind oft die besten Geschichten. Wenn sie dann noch aus kompetenten (und noch enthusiastischen, stürmischen) Händen umgesetzt und mit cleveren, zeitaktuellen Subtext versehen werden, eine Bank. Wenn Alfred Hitchcock zu dieser Zeit nicht schon in Teilzeitruhestand gewesen wäre, er hätte sich nach diesem simplen Skript wohl die Finger geleckt. Aber gut so, denn der junge Spielberg gibt hier Vollgas. „Duell“ ist sowohl Survival- und Suspensethriller, wie sarkastisches Zeitdokument. Ein Mann, der jeder Konfrontation nach Möglichkeit aus dem Weg geht, wird hilflos festgenagelt in einer fast surrealen Situation. Aus einem nicht näher erklärbaren Grund wird er zur Zielscheibe bzw. Beute einer gesichtslosen, rostigen, dampfenden, schnaubenden Bestie. „Flammable“ fordert ihn heraus, lauert ihm auf, ein unmenschlicher Gegner, wie direkt aus der Hölle entsprungen. Spielberg gelingt mit seinem Debüt ein kleines Meisterwerk des Road-Thrillers, das sehr direkt und durchschnittlich wie 2001 bei „Joyride – Spritztour“ kopiert oder variiert und meisterhaft wie 1986 mit „Hitcher, der Highway Killer“ aufgegriffen wurde.


Erstaunlich abgeklärt weiß Spielberg genau, wann er Gas und Bremse betätigen muss, ohne dass die Nadel in den roten Bereich fällt. Die konstante Bedrohung ist allgegenwärtig, was er einige Jahre später mit dem Blockbuster überhaupt bestätigen konnte. Gekrönt von einem logisch entwickelten Showdown, in dem sich endgültig der Werte einer aufgeklärten Domestizierung entledigt wird. Nun zählt das einfache, primitive Auge-um-Auge-Prinzip. Wann ist ein (David) Mann ein Mann? Wenn er wie der Duke oder Gary Cooper zum High-Noon antritt, auch wenn ihm die Buchse in den Kniekehlen hängt. Das mag rückschrittlich, reaktionär und fehlgeleitet klingen, doch „Duell“ lässt nur noch diesen Schritt zu und ist damit eine Hommage wie reflektierte, moderne Interpretation des klassischen Western. Daheim wird der Rasen gemäht und der Müll rausgebracht, hier und jetzt wird sich duelliert. Welcome to the Jungle, geweint wird später. Für ein Debüt schon dekadent wegweisend und großartig.

8 von 10 fatalen Überholmanövern

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