Review: THE DRESSMAKER – Fast wie ein Unverkehrsunfall, bei dem man nicht wegschauen kann



Fakten:
The Dressmaker
AU, 2015. Regie: Jocelyn Moorhouse. Buch: P.J. Hogan, Jocelyn Moorhouse. Mit: Kate Winslet, Liam Hemsworth, Judy Davis, Sarah Snook, Hugo Weaving, Caroline Goodall, Kerry Fox, Rebecca Gibney u.a. Länge: 118 Minuten. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. Ab dem 29. April 2016 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Nach langer Abwesenheit kehrt Myrtle "Tilly" Dunnage in ihr kleines Heimatdorf im australischen Outback zurück. Die gutaussehende Schneiderin reist allerdings nicht ohne guten Grund an, denn außer der Nähmaschine hat sie ein düsteres Ereignis aus ihrer Jugend im Gepäck, dem sie sich nun stellen will. Die Dorfbewohner reagieren angespannt auf die Rückkehr von Tilly und schon bald geraten die Ereignisse zunehmend außer Kontrolle, je mehr Licht ins Dunkle gebracht wird...




Meinung:
In relativ unregelmäßigen Abständen gibt es Filme, die sich entweder gemäß ihres eigenen Inhaltes kaum vermarkten lassen oder vom Verleih von vornherein unter ungünstigen Bedingungen oder verzerrten Maßnahmen beworben werden. In die letztere Kategorie fällt beispielsweise "Drive" von Nicolas Winding Refn, der vor allem aufgrund der Trailer als schnittiger Actionfilm im Stil eines "The Fast and the Furious" verpackt wurde und sich schließlich als eigenwillige Mischung aus zärtlicher Poesie und brutal-surrealer B-Movie-Gewalt entpuppte. Ein Film wie "The Dressmaker" hingegen ist ganz klar der ersten Kategorie zuzuordnen und man möchte nicht mit denjenigen tauschen, die in der Marketingabteilung mit der Vermarktung dieses Streifens beauftragt wurden.


Kate Winslet erstrahlt in vollem Glanz
Um das Fazit direkt zu Beginn vorgezogen auf den Punkt zu bringen: "The Dressmaker" ist der inkohärenteste, tonal sprunghafteste sowie erzählerisch unentschlossenste Film, den es in letzter Zeit zu sehen gab. Regisseurin Jocelyn Moorhouse adaptierte den gleichnamigen Roman für ihren Film und erzählt von einer Frau, die nach langer Abwesenheit in ihr kleines Heimatdorf in Australien zurückkehrt. Der konkrete Grund für Tillys Rückkehr bleibt allerdings lange verschleiert, denn die Geschichte spinnt rund um die attraktive Schneiderin einen rätselhaften Murder-Mystery-Hintergrund, bei dem sie angeblich als kleines Mädchen einen gleichaltrigen Jungen getötet haben soll. Dieser ungewöhnliche Auftakt ist allerdings erst der Startschuss, denn viel mehr legt der Film zunächst einen Fokus auf das Dorf und seine Bewohner. "The Dressmaker" präsentiert sich in dieser Hinsicht, als wäre der Film zu gerne eine Art kauzig-skurriles, australisches Outback-Pendant zu "Twin Peaks", lässt den einzigartigen Charme und das liebevolle Herzblut von David Lynchs und Mark Frosts Kult-Kreation allerdings vollständig vermissen. Die Dorfbewohner geraten recht früh zu reinen Karikaturen, welche aufgrund von auffälligen Eigenheiten und Macken zum Lachen einladen sollen, aber eher das Gegenteil bewirken und als schriller Kontrast zur eigentlich ernsten Handlung stören.


Spätestens nach der Hälfte des mit vollen zwei Stunden Laufzeit deutlich zu lang geratenen Films läuft "The Dressmaker" endgültig aus dem Ruder. Moorhouse kombiniert kreuz und quer Elemente, die nicht zusammenpassen wollen und mischt emotionales Charakterdrama mit grotesker Satire, kitschige Romanze mit tragischen Schicksalsschlägen, die so plötzlich kommen, dass sie direkt wieder wirkungslos verpuffen, und lenkt das Geschehen zwischen Drama und Romanze in ein absurdes Finale, in welchem der Film schließlich auch noch Züge eines erzürnten Rache-Thrillers annimmt. Diese holprige Achterbahnfahrt der Genres und Gefühlslagen trifft auf den Cast ebenfalls zu. Am souveränsten agiert hier noch am ehesten Hauptdarstellerin Kate Winslet, die in dem heillosen Durcheinander stets versucht, Stil und Fassung zu wahren, während Liam Hemsworth auf den charmanten Schönling reduziert wird und Judy Davis als Mutter der Hauptfigur zwischen witzig und absolut nervtötend schaltet. An einigen Stellen möchte man den Verantwortlichen als Zuschauer fast schon Respekt zollen, dass sie auf so eine ungestüme und rücksichtslose Weise kombinieren, was man nicht kombinieren sollte, und damit ab und an sogar einige interessante Szenen erzeugen. Als Gesamtwerk ist "The Dressmaker" jedoch gescheitert und kaum faszinierend in seiner zerschossenen, schizophrenen Art, als dass hier ein ansatzweise gelungener Film oder eine schräge Perle, wie sie wohl beabsichtigt war, entstanden ist.


4 von 10 Sprünge ins Silo


von Pat

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