Fakten:
Der unheimliche Gast (The
Uninvited)
USA, 1944. Regie: Lewis Allen.
Buch: Dodie Smith, Frank Partos, Dorothy Marcadle (Vorlage). Mit: Ray Milland,
Ruth Hussey, Gail Russell, Donald Crisp, Alan Napier, Cornelia Otis Skinner,
Barbara Everest, Dorothy Stickney u.a. Länge: 95 Minuten. FSK: Freigegeben ab
16 Jahren. Auf DVD erhältlich.
Story:
Das Geschwisterpaar Fitzgerald
erwirbt zu einem Spottpreis ein prachtvolles Anwesen an der englischen Küste.
Gerüchten über seltsame Vorkommnisse dort schenken sie keinen Glauben. Bis sie
des Nachts ein unheimliches Jammern hören und unerklärliche Kälte spüren. Die
Vergangenheit des Hauses scheint ein düsteres Geheimnis zu hüten, in das auch
Stella - die Enkelin des Vorbesitzers - involviert ist, in die sich Roderick
Fitzgerald beginnt zu verlieben.
Meinung:
Es beginnt wie eine Komödie, sieht
aus wie ein Film Noir, mündet in einen Haunted-House-Film mit Anleihen einer
tragischen Sommer-Romanze und endet beinah wie ein Groschen-Roman für einsame
Hausfrauen mit geringer Frustrationstoleranz. Klingt sonderbar? Besonders, das
wäre wohl der bessere Begriff für „Der unheimliche Gast“ von dem später
hauptsächlich im TV-Geschäft beschäftigten Regisseur Lewis Allen, dessen
Spielfilmdebüt in vielerlei Hinsicht äußerst beeindruckend ist, sei es formell
oder von der ungewöhnlichen Mischung der verschiedenen Komponenten, die fast
aufgeht und den Film damit wohl zu einem unsterblichen Klassiker gemacht hätte.
Als Klassiker gilt er heutzutage, nicht völlig unberechtigt, allerdings darf
man unter diesem Schutzschild nicht die Augen vor der Realität verschließen.
Zuhause im Glück...oder auch nicht? |
Die Geschwister Roderick und Pamela
Fitzgerald verbringen ihren Urlaub in der Nähe von Cornwall und entdecken dort
zufällig ein verlassenes, luxuriöses Herrenhaus, in das sie sich sofort
unsterblich verlieben. Zu ihrem Glück (oder auch nicht?) steht das gute Stück
zum Verkauf und der Eigentümer zeigt sich erfreulich entgegenkommend beim
Kaufpreis. Deren bildhübsche, 20jährige Enkelin Stella hingegen ist wenig
begeistert davon, dass ihr Zuhause bis zu ihrem dritten Lebensjahr - und dem
tragischen Tod ihrer Mutter an den dort gelegenen Klippen – nun den Besitzer
wechselt. Fast besessen von dem Haus und ihrer verstorbenen Mutter Martha,
obwohl mit kaum noch Erinnerungen an die damalige Zeit, wird auch bald Roderick
auf sie aufmerksam. Allerdings nicht misstrauischer Natur, ihr verfällt
zusehend dem leicht kindlichen Charme der jungen Schönheit. Jemanden, der als
Mitdreißiger mit seiner Schwester zusammenlebt (sogar ein gemeinsames Haustier
haben sie), dürfte man dazu eigentlich beglückwünschen, wenigstens er scheint
den Absprung aus dieser merkwürdigen Beziehung doch noch zu schaffen, der
Alte-Jungfer-Preis droht alleinig an Pamela zu gehen. Aber ist seine Herzdame
nicht offensichtlich psychisch schwer labil? Und was ist mit den sonderbaren
Geschehnissen in der Nacht, die dem neuen Besitz den Ruf eines Geisterhauses
eingebracht haben?
Eine Runde Geister-Scrabble |
Die Kombination aus dem interessanten
Setting und der fantastischen Ausleuchtung - die das Film Noir-typische
Schattenspiel mustergültig vorführt - ist meisterlich, sorgt für Bilder zum
Einrahmen und Niederknien. Daran gemessen kann der Film nur inhaltlich nicht
anknüpfen, erzeugt nicht diese intensive Spannung oder unbehagliche Stimmung,
die bei diesen Voraussetzungen eigentlich fast selbstverständlich erscheinen
sollte. Die durchgehende Leichtfüßigkeit lässt das Geschehen etwas zahm wirken,
auch weil die Figuren das übersinnliche Treiben nie so richtig zu verängstigen scheint.
Extrem negativ wirkt sich dies auf das kitschig-angehauchte, sogar leicht
alberne Finale aus, das einem Halloween-Special von Rosamunde Pilcher entsprungen
sein könnte (und das nicht wegen der Küste Cornwalls). Ein vielleicht harscher
Vergleich, betrachtet man jedoch den Kontrast zwischen Bildsprache, handwerklicher
Inszenierung und dem, was am Ende dabei herauskommt, auch ein Ausdruck dezenter
Enttäuschung. Dennoch kann und sollte der Genre-interessierte Zuschauer, mit
Schwerpunkt Film Noir und Haunted-House, „Der unheimliche Gast“ mal gesehen
haben, dafür ist er in vielen Punkten zu gut gemacht und in seiner lockeren
Gangart oft auch angenehm unterhaltsam. Nur leider kaum gruselig.
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