Meinung:
TV-Serien
werden allerorts gelobt. Dabei werden vor allem die Serien-Hits aus
den Staaten wie etwa "Breaking Bad", "Game of Thrones", "True Detective oder "House of Cards" genannt, oder vielleicht noch erfolgreiche
Vertreter aus dem Vereinigte Königreich. Skandinavien bleibt leider
immer etwas außen vor. Dabei kommen aus dem Reich von Lego, Elchen
und Ikea einige wirklich hochklassige Serien. Dies hat auch die
amerikanische TV-Industrie erkannt und bringt mit „The Killing“
das Serien-Remake der erfolgreichen Krimireihe „Kommissarin Lund“,
die hierzulande erfolgreich auf den öffentlich rechtlichen
Programmen lief. Im Zentrum beider Serien steht die Aufklärung eines
Mordfalls.
Hat sie etwa einen wichtigen Hinweis gefunden? |
Staffel 1 gliedert sich auf in drei Ebenen: die
Mordermittlung, der Umgang der Opferfamilie mit ihrem Verlust, die
Auswirkung des Mordes auf die Lokalpolitik. Dies alles greift wie ein
Zahnradwerk ineinander. Dabei bleibt die Serie den klassischen
Krimi-Mechanismen treu. Die beiden Kommissare Sarah Linden und Steven
Holder ermitteln und verdächtigen, geraten auf falsche Spuren und an
hilfreiche Hinweise. Dem Gegenüber steht die emotionale Wucht des
Familienplots. Das ergibt ein wirklich einnehmend und dramaturgisch
ausgezeichnet aufeinander abgestimmtes Gesamtpaket. Der politische
Side-Plot, der auch in die Krimihandlung verwoben ist, gibt der
Handlung den letzten Feinschliff. Dank der Verschiebung der Ebenen
und die damit einhergehende Fixierungsverschiebung macht so aus einem
einzigen Mordfall ein weitumspannendes Netz aus Täterjagd,
seelischen Narben und Machtkämpfen. Dass wirklich Wunderbare daran,
ist die Tatsache, dass Staffel 1 trotz eines
breiten Konzepts niemals überladen wirkt. Der Umgang mit den
verschiedenen Ebenen ist dafür einfach zu bravourös gelöst, vor
allem da die gesamten Handlungselemente gleichberechtigt behandelt
werden und in jeder Ebene mal mehr mal weniger überraschende
Wendungen auf den Zuschauer warten.
Die Lösung des Falls steht kurz bevor |
Auch
Staffel 2 kümmert sich wieder um die Politik, die trauernde Familie
sowie das ungleich aber effektive Ermittler-Duo. Linden und Holder,
die mittlerweile die meisten Diskrepanzen niedergelegt haben und
dennoch weit davon entfernt sich harmonisch zusammen zu arbeiten,
kommt es in Staffel 2 zu Gute, dass die Autoren zwar immer noch ein
Auge auf deren persönliche Probleme werfen und diese auch teilweise
sehr zentriert darstellen, aber im Gegensatz zur ersten Staffel
überschattet dies nicht den kriminalistischen Anteil der Geschichte.
Auch Rosies Familie wird wieder thematisiert. Während Mutter
Mitch(Michelle Forbes, „Kalifornia“) Reißaus genommen hat und in
einem Motel alleine versucht mit dem Tod ihres ältesten Kindes klar
zu kommen, muss Vater Stanley langsam einsehen, dass er den familiären
Scherbenhaufen nicht alleine kitten kann. Alle drei Ebenen von Staffel 2 fügen sich nicht immer elegant aber passend
zusammen. Nur leider wird der Mordfall im Verlauf der Staffel immer
kurioser. Es ist nicht von der Hand zu weißen, dass die Macher es
nicht geschafft haben die weiteren Ermittlungen,
Familienschwierigkeiten, Politikaffären sowie die finale Auflösung
frei zu halten von der Impression der Überkonzipierung. Staffel 2
ist immer noch durchweg fesselnd, legt sich aber zunehmend einen
Ausdruck zu, der recht cheesy wirkt. Da war die Vorgänger-Staffel
stilechter.
Für Linden und Holder steht ein neuer Fall an |
In
Staffel 3 müssen die beiden Cops nach dem Ende des Larsen-Falles
erst wieder zusammenfinden. Ist das geschehen fällt auf, dass die
charakterliche Entwicklung von Linden und Holder leider Gottes in
dieser Staffel ziemlich stagniert. Neue Facetten ihrer Persönlichkeit
werden nicht gebildet. Alles bleibt beim Alten. Das Holder eine
ernstzunehmende Beziehung hat und Linden nicht mehr bei ihrem Sohn
ist, wir vereinzelt aufgegriffen verbleibt meist aber in einer
dramaturgischen Starre hängen, was nicht schlecht ist, dieser
Staffel aber einiges an emotionaler Spannung wegnimmt. Darüber
hinaus fehlt diesem Fall die Wechselwirkung zwischen der
Ermittlungsarbeit und der Trauerbewältigung der Opferfamilien. Das
war in den ersten beiden Staffeln klar die größte Stärke. Staffel
3 bietet zwar mit Danette Leeds eine Figur, die sich nach und nach damit auseinandersetzen muss, dass
sie zum einen als Mutter versagt hat und zum anderen, dass ihre
Tochter wohl ermordet wurde, die Aufmerksamkeit und die Intensität
die es aber noch bei Familie Larsen gab, wird aber nie erreicht. So
bietet diese Season zwar wirklich gute Krimiunterhaltung - die mit
der serienbekannten Tristesse und guten Darstellern aufwarten kann -,
die Klasse der Vorgängerstaffeln aber nie erreicht. Das wäre
vielleicht auch etwas zu viel verlangt. Fans von Linden und Holder
werden hier so oder so bestens bedient und das soll bedeuten, dass
beide Figuren wieder ordentlich emotional durch den Dreck gepeitscht
werden. Emotionale Verkrüppelung muss bei „The Killing“ halt
einfach sein.
Welche wichtige Rolle spielen die beiden? |
In
Staffel 4 wird das Konzept der Serie auf die Spitze getrieben, doch leider erweist
sich der Mord, bzw. die sich daraus resultierende Geschichte als
wenig ergiebige Krimifarce, die sich von Folge zu Folge immer
weitersteigert, dabei aber niemals einen wirklichen Bezug zum
Ermittler-Duo, den Verdächtigen und Opfern zulässt. Genau das war
das Wunderbare an den grandiosen ersten beiden Staffeln. Die
Wechselwirkung aus klassischem Krimi und privatem Drama, was
letztlich zu einer Art dramaturgischer Symbiose führte. Staffel vier
ist davon weitestgehend entfernt. Man spürt deutlich, dass „The
Killing“ wegen schwacher Quoten abgesetzt wurde, so dass Netflix
für die finale Season einspringen musste. Das Pacing fühlt sich
unrund an, die Figuren (die Altbekannten wie auch die Neuen) wirken
nur noch wie Plotobjekte. Gewiss, stilistisch ist das alles immer
noch wie aus einem Guss, aber nach drei Staffeln voller Grau, Regen
und Beton (das ist nicht nur auf Seattle sondern vor allem auf die
Figuren bezogen) reicht es auch einmal mit der Stilistik der Marke
„Nieder mit den Anti-Depressiva“. „The Killing“ besaß
diverse Höhepunkte in den ersten beiden Staffeln, aber bereits
Season drei ließ erkennen, dass das Konzept in allen Belangen nicht
noch mehr Gewicht auf den Schulten aushält. Hartgesottene Fans
sollten sich die finale Staffel aber nicht entgehen lassen. Sie
werden noch einmal für sechs Folgen in lieb gewonnene triste Abgründe
abgleiten können.
Fans von Krimi-Serien sollten sich "The Killing" nicht entgehen lassen. Auch wenn die vier Staffeln der Gesamtserie vor allem später ihre Höhen und Tiefen haben, gibt es kaum eine vergleichbare Serie, die eine derartig abgründig-deprimierende Sogwirkung entfaltet. Unterstützt von starken Schauspielern und einer Menge Spannung ist die Serie ideal für kalte, trübe Winterabende, an denen die frostige Atmosphäre so richtig zur Geltung kommt.
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