Review: CHILDREN OF MEN - Hoffnung in kinderloser Welt



Fakten:
USA, Großbritannien. 2006. Regie: Alfonso Cuarón.
Buch: Alfonso Cuaròn, Timothy J. Sexton. Darsteller: Clive Owen, Julianne Moore, Michael Caine, Chiwetel Ejiofor, Charlie Hunnam, Claire-Hope Ashitey, Pam Ferris, Danny Huston, Peter Mullan u.a. Länge: 106 Minuten. FSK: ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-Ray erhältlich.


Story:
Im England des Jahres 2027 werden keine Kinder mehr geboren, auf den Straßen regiert die Polizei, Ausländer werden in Ghettos abgeschoben und terroristische Untergrundgruppierungen versuchen gegen den Staat vorzugehen. Als der jüngste Mensch der Erde mit 18 Jahren starb, da war dies ein globaler Skandal, doch es gibt einen Hoffnungsschimmer. Eine junge Frau in England ist schwanger. Doch sie ist ausgerechnet Ausländerin, was der Staat sicher nicht gutheißen kann. Dennoch könnte sie den Fortbestand der Menschheit sichern. Eine Gruppe von Untergrundaktivisten um ihre Anführerin Julian (Julianne Moore) will zusammen mit Theo (Clive Owen), einem desillusionierten Regierungsmitarbeiter, die junge Frau in ein sicheres Forschungslabor auf hoher See bringen. Aber der Weg dorthin wird zum harten Kampf ums Überleben.




Meinung:
Im Jahr 2027 sperrt die Polizei Ausländer in Käfige
Der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón hat mit „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ bereits gezeigt, dass er düstere Geschichten erzählen und diese dazu noch optisch ansprechend inszenieren kann. Was er in Hogwarts begonnen hat, das setzt er in einer Erwachsenenversion fort. Cuarón schafft es, auf Basis der damaligen Situation (und eigentlich auch unserer heutigen) von zurückgehender Geburtenrate und zunehmender Überwachung und Gewalt eine konsequent weitergedachte Zukunftsvision, eine Dystopie zu erschaffen, die erschreckend realistisch aussieht. Im Jahr 2027 sind allem Anschein nach alle Menschen längst unfruchtbar geworden, es gibt keine Kinder mehr, der jüngste Mensch der Welt ist mit 18 Jahren gerade gestorben. Auf den Straßen herrscht Chaos, Terror, Zerstörung und Elend. Die Länder sind zu Polizeistaaten geworden und Ausländer werden rigoros in Ghettos gesteckt. In Lager. Die Menschheit scheint auszusterben oder sich vielleicht schon zuvor selbst zu vernichten. Und genau in diese niederschmetternde Zukunftsvision baut Cuarón dann einen Hoffnungsschimmer ein in Form dieser jungen, schwangeren Frau Kee. Einer Ausländerin. Sie gilt es um jeden Preis zu beschützen, ihr Kind soll zu einer Forschungsstation im Meer gebracht werden. Und dafür wird ein ehemaliger Aktivist und desillusionierter Regierungsbeamter von der Untergrundorganisation „Fishes“ angeworben. Er soll Kee beschützen und sicher aus dem Land bringen.

Theo und Kee auf ihrem Weg durch Trümmer und Polizei
Die unheimlich interessante Geschichte wird in eine glaubhafte Atmosphäre eingebettet. Klar, sieht man sich die Geschichte einzeln an, so wird man die Glaubwürdigkeit eher bezweifeln, aber durch die ganze Inszenierung, durch den Müll und die Trümmer auf den Straßen und durch die Darstellung von harter aber eben realistischer Gewalt, aber auch durch die eigentümliche Kombination aus hektischer Langsamkeit und gedrosselter Hektik der ganzen Szenerie, durch all dies bekommt der Zuschauer den Eindruck, es mit einer authentischen Geschichte zu tun zu haben. Mit einer authentischen und gerade deshalb deprimierenden Geschichte. Dazu kommen einige Wendungen, eine enorme Spannung und so zentrale Themen wie Hoffnung, Rassismus und Interkulturalität. Die starke Musik von John Tavener und die brisante Aktualität der politischen Themen wie Überwachung, Folter und Geburtenrückgang tun ihr Übriges, dass der Zuschauer sofort gefesselt ist.


Clive Owen gelingt der Spagat zwischen ehemaligem Aktivisten, müdem Beamten und cooler Socke sehr gut. Er steht klar im Fokus, so gut wie keine Szene geschieht ohne seine Anwesenheit. Aber auch die Nebenrollen sind ausnahmslos gut besetzt. Julianne Moore als Theos Ex-Frau Julian, die auch gleichzeitig Anführerin der Untergrundorganisation „Fishes“ ist. Außerdem Chiwetel Ejiofor, die junge Claire-Hope Ashitey als schwangere junge Frau mit dem überaus passenden Namen für diese hoffnungsvolle Rolle und als Krönung Michael Caine, der die anderen Darsteller in seinen Szenen lässig als alternder Hippie mit langen, weißen Haaren in den Schatten stellt.
 


Cuarón und sein Hauptdarsteller: die Kamera
Aber eigentlicher Hauptdarsteller des Films ist die Kamera. Cuarón und sein Kameramann Emmanuel Lubezki schaffen es, die das gesamte Elend, den Schmutz und die Zerstörung perfekt einzufangen. Die Kamera wirkt dabei nie aufdringlich, eher wie ein immer präsenter Begleiter, ein Beobachter, der einfach nur zeigt, was er sieht. So hält Lubezki nicht immer voll auf die Effekte drauf, sodass der Zuschauer einige Effekte quasi aus dem Augenwinkel wahrnimmt, sodass es noch echter wirkt. Und auch der Schnitt von Cuarón und Alex Rodríguez verstärkt diese Wirkung. Sehr sparsam werden die Schnitte gesetzt, die Szenen wirken dadurch noch flüssiger, dauern nicht selten über mehrere Minuten an. Und als Zuschauer traut man sich oft gar nicht zu blinzeln, aus Angst, etwas zu verpassen. Besonders bei den Schießereien, bei den Verfolgungsjagden, bei den hektischeren Momenten des Films kommen Kameraführung und Schnitttechnik gut zur Geltung.

Zusammengefasst kann der dystopische Thriller „Children of Men“ durch seine starken Bilder, eine unglaubliche Atmosphäre, eine intelligente, aktuelle und spannende Geschichte und tolle Schauspieler punkten. Er fesselt und zeigt Szenen, die manchmal minutenlang ohne Schnitt, dafür mit umso beeindruckenderen Kamerafahrten auskommen und so, wie wohl auch der ganze Film, sicher länger im Gedächtnis bleiben werden. 

9 von 10 Kaffee mit Whiskey.


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