Review: AFTER EARTH - Die fragwürdige Gefühlskontrolle im Kampf ums Überleben



Fakten:
After Earth
USA. 2013. Regie: M. Night Shyamalan. Buch: M. Night Shyamalan, Gary Whitta, Will Smith. Mit:  Jaden Smith, Will Smith, Zoë Kravitz, Sophie Okonedo, Glenn Morshower, Kristofer Hivju, Chris Gere, Isabelle Fuhrman u.a. Länge: 100 Minuten. FSK: ab 12 Jahren freigegeben. Ab 17. 10. 2013 auf DVD und Blu-ray.


Story:
Nach einer Bruchlandung finden sich der junge Kadett Kitai Raige und sein Vater und kommandierender Offizier Cypher als einzige Überlebende einer Weltraummission auf einem fremden und lebensfeindlichen Planeten wieder – der Erde. Doch um Hilfe zu rufen ist aussichtslos, es sei denn Kitai gelingt es sich durch 100 Kilometer dichten Dschungel zu schlagen und ein Signal abzusetzen während der schwer verletzte Cypher im Wrack bleibt und ihn durch die Wildnis lotst. Dabei muss sich der Teenager nicht nur der gefährlichen Umwelt stellen, sondern auch aus dem langen Schatten seines Vaters treten.




Meinung:
Wer erinnert sich nicht an die ohrenbetäubenden Lobgesänge auf den indischen Filmemacher M. Night Shyamalan im Jahre 1999. Mit „The Sixth Sense“ war er verantwortlich für einen subtilen und wirklich gelungenen Psycho-Thriller, dessen schockierender Endtwist nicht nur zu den meistparodiertesten Szenen der Filmgeschichte gehört, sondern auch Haley Joel Osments legendäres Geständnis „I see dead people“ ist bereits ein eingebranntes Zitat im Kopf der Cineasten. Zwei Oscarnominierungen standen am Ende für das ernannte Wunderkind Shyamalan zur Verfügung, die Türen Hollywoods wurden ihm bis zum Anschlag aufgerissen und er konnte die künstlerische Freiheit genießen, von der weitaus talentierte Regisseure bis heute nur träumen dürfen. Doch Shyamalans Höhenflug sollte nicht von Dauer sein und seine kennzeichnenden Storywendungen wurden ihm schon bald zum Verhängnis, genau wie sich immer deutlicher abzeichnete, dass der Möchtegern-Autorenfilmer wenig von Schauspielführung und substantiellen wie opportunen Gedankengängen hält.



Kitai (Jaden Smith) sammelt Kraft
Stattdessen wurde der Zuschauer abermals für dumm verkauft, musste sich durch gähnend langweilige Szenerien prügeln und bekam im schlimmsten Fall noch eine religiöse Moralkeule über den Schädel gezogen. Das Ergebnis davon war ein kommerzieller Misserfolg nach dem anderen und die belächelnde Missachtung von Kritikern und Publikum. Wenn eine eigentlich hoffnungsvolle Karriere schlussendlich in ihre Einzelteile zerfallen ist, greift man als Betroffener natürlich nach jedem Strohholm und verrät bereitwillig seine eigenen Ansprüche und Standpunkte. Es ist daher auch rein gar nicht verwunderlich, dass sich Shyamalan auf dem Regiestuhl für einen Sci-Fi-Blockbuster wie „After Earth“ wiederfindet, denn seine Meinung interessiert in der Traumfabrik schon lange niemanden mehr und die obligatorischen Auftragswerke könnten mit Glück tatsächlich zurück in die alte Spur führen. In Falle von Shyamalan setzt ihm die Smith-Family-Produktion nun aber das frugale I-Tüpfelchen auf die vollends zerstörte Karriere.



Cypher (Will Smith) hat vergessen, was Angst bedeutet
Wenn man ganz ehrlich ist, dann war bereits nach der Ankündigung des Streifens klar, dass es keinem der Verantwortlichen hier um das Erreichen einer hochwertigen filmischen Qualität geht, die auch in Zukunft noch ein Wörtchen in den vorgeschriebenen Bestenlisten mitzureden hat. Sieht man sich die Namen auf den verschiedenen Positionen an, dann geht einem schnell ein Lichtlein auf: Während die Story von Will Smith persönlich stammt, waren für die Produktion Jada Pinkett Smith und Caleeb Pinkett verantwortlich, um schließlich Sprössling Jaden Smith die ganz große Bühne zu ermöglichen. Eine Familienproduktion samt Nepotismus in lächerlicher Reinform. Dabei trifft es Jaden Smith ganz besonders hart, denn ihm wurde hier DIE tragende Rolle aufs Auge gedrückt, die er unmöglich meistern kann.  Um im Stande zu sein, einen derartigen Film nahezu allein zu tragen, braucht man nicht nur Talent, sondern auch Charisma. Jaden Smith besitzt von beidem wenig bis gar nichts und stottert als Rangeranwärter Kitai ausdruckslos durch das Geschehen, während Papi Will als ehrfürchtiger General Cypher beinahe den gesamten Film mit gebrochenen Beinen im Raumschiffwrack vor sich hinvegetiert.


Schaut man sich einen Sci-Film an, in dem die Menschheit seit einem schweren Unglück gezwungen wurde, die Erde zu verlassen und auf dem Wüstenplaneten Nova Prime ein neues Zuhause zu finden, dann erwartet man doch vordergründig ein Handlungsgerüst, auf dem sich die kommende Geschichte weitestgehend – mehr oder weniger plausibel – aufbauen kann und durchaus einige tiefgängigen Emotionsfacetten erlaubt. Dabei erweisen sich die Charaktere als vollkommen leere Abziehbildchen, in der die militärische Denkweise immer vor der familiären Verbundenheit steht. Sind Vater Cypher und Sohnemann Kitai aber erst mal auf der verfremdeten Erde gestrandet, nimmt auch hier das Unheil seinen unausweichlichen Lauf. Dabei liegt das größte Problem einfach bei den Charakteren, die sich auch nach dem Absturz nicht verändern, unsympathische Schablonen bleiben und maximal zwei Gesichtsregungen im Repertoire haben. Fehlt der empathische Zugang, bleibt alles distanziert und langweilig. „After Earth“ ist dafür ein Paradebeispiel.



Unangenehme Zeitgenossen warten auf Kitai
Wer nun seine Hoffnungen auf bildgewaltige Montagen der Flora und Fauna der gefährlichen Erde legt, der wird enttäuscht, erweisen sich die kalibrierten Kompositionen doch nur als aufgeblasen und austauschbar, ohne jedes einprägsame Merkmal – ganz zu schweigen von ihrer scientologischen Symbolik. Und wo das Thema Scientology nun angesprochen wurde, lässt sich die informale Kohärenz zur Psychosekte einfach nicht verleugnen. Allein der Werbespruch „Danger is real - Fear is a choice“ kann kein zufälliges Leitmotiv sein, schließlich reflektiert dieser Satz das ideologische Konzept der Scientologen und lässt die Gefühlsverdrängung mit der geistigen Befreiung verschmelzen. Von Scientology-Propaganda zu sprechen wäre vielleicht etwas zu harsch formuliert, schließlich sind die Versatzstücke des Helden, der seine Angst überwinden und sich gegen Regeln widersetzen muss, um sie letztlich selbst nur huldigen, bereits normal in den Genresphären. Von ungefähr kommen diese Bezüge aber ganz sicher nicht.


Wenn wir uns dann aber auch von den Charakteren, den Scientology-Anleihen und den mäßig packenden Fotografien abwenden und uns nur auf die Narration und Inszenierung des eigentlichen Überlebenskampfes von Kitai fokussieren, dann stehen wir auch in diesem Fall mit leeren Händen da. Das elegische Tempo der höhepunktlosen Erzählungen verdeutlicht Shyamalans Desinteresse an Sci-Fi-Blockbustern mit eindringlicher Deutlichkeit und die vorherrschende Emotionsleere kann sich dank der eindimensionalen Charakterisierung im Generationskonflikt problemlos auf die energielose Vorführung legen. Die wiederkehrenden Flashbacks wirken dazu – genau wie die verkrampft-stoischen Gespräche zwischen Vater und Sohn - einfach nur unfreiwillig komisch und brechen den eh schon schläfrigen Erzählfluss bis nahe an den Nullpunkt runter. „After Earth“ ist unbedeutendes Geseiere, ohne jede philosophische oder zwischenmenschliche Substanz. Und als wäre das nicht schon genug, erwartet den Zuschauer noch eine plakative Öko-Botschaft, die dem grauenhaften Machwerk den mehr als passenden Stempel aufdrückt. Kino zum Vergessen.


2 von 10 Überforderten Kindersoldaten


von souli

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