Review: THESE FINAL HOURS - Was am Ende wichtig ist


Fakten:
These Final Hours
AUS, 2013. Regie & Buch: Zak Hilditch. Mit: Nathan Phillips, Angourie Rice, Jessica De Gouw, Daniel Henshall, Kathryn Beck, Sarah Snook, Lynette Curran, David Field u.a. Länge: 87 Minuten. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. Ab dem 19.2.2015 auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Ein Himmelskörper ist auf der Erde eingeschlagen. Die gewaltige Feuerwalze hat bereits Teile Nordamerikas, Afrikas und ganz Westeuropa vernichtet und bahnt sich unaufhaltsam ihren Weg. Das Ende der Welt. Australien bleiben noch etwa 10 Stunden. James will die nicht mit klarem Kopf erleben, lässt seine schwangere Geliebte sitzen, um sich auf der Party eines Freundes bis zum bitteren Ende die Lampen auszuschießen. Auf dem Weg durch die bereits dem Chaos verfallenen Überreste der Zivilisation rettet er ein kleines Mädchen vor Vergewaltigern. Sie hat nur eine Bitte: Er soll sie zu ihrem Vater zurückbringen. 





Meinung:
Was würdest du tun, wenn noch heute alles vorbei ist? Endgültig. Kein Verhandeln, kein Betteln, das Schicksal ist besiegelt. Nicht nur für dich persönlich, sondern für alle. Während die eine Hälfte der Welt schon in Schutt und Asche liegt und minütlich mehr von ihr für immer ausgelöscht wird, bleiben dir und deinen Mitmenschen noch einige Stunden Zeit. An Schutzmaßnahmen, Notfallpläne oder doch noch die rettende Idee ist kein Gedanke zu verschwenden. Nur daran, die verbleibende Zeit noch effektiv zu nutzen. Für was auch immer. Um noch ein letztes Mal richtig die Sau rauszulassen; sich durch die Gegend zu vögeln; die Rübe weich brezeln; in Selbstmitleid zu zerfließen; dem Elend gleich ein Ende setzen…oder auf die letzten Meter doch noch zu verstehen, was im Leben wirklich wichtig war und es auch jetzt noch immer ist?


Die Gegend hat deutlich Marktwert eingebüßt.
„These Final Hours“ dürfte bei vielen Menschen eine (zumindest semi-)falsche Erwartungshaltung wecken. Ein apokalyptischer Katastrophenfilm, ein Endzeitreißer, all das ist der Film und doch nur am Rande. Es ist nicht die Frage, ob oder wann es zum großen Knall kommt, das tragische Schicksal aller Beteiligten irgendwie abgewendet werden kann. Wo sind Bruce Willis und seine wackeren Ölbohr-Crashkurs-Astronauten, wenn man sie mal braucht? Mit so einem Kappes beschäftigt sich Regisseur und Autor Zak Hilditch ebenso wenig wie mit knalligen Effekt-Bonbons, sogar auf eine genauere Erläuterung der Umstände verzichtet er. Was die Menschheit binnen der nächsten Stunden dahinraffen wird, alles nur sehr rudimentär erklärt, zu sehen gibt es schon mal gar nichts. Nur der Kommentar eines standhaften Radiomoderators liefert die nötigsten Fakten und dient als eine Art Countdown, wann auch Down Under von einem verheerenden Feuersturm überrollt werden wird. Wie es dazu kommen, wie lange man sich darauf vorbereiten konnte und was alles unternommen wurde um die Katastrophe abzuwenden, völlig unbekannt und für den Film eigentlich auch irrelevant. Wir werden ins Hier und Jetzt befördert, unmittelbar konfrontiert mit dem unvermeidlichen, kurz bevorstehenden Ende aller Tage. Sämtliche Strukturen einer geordneten Zivilisation sind schon hinfällig, alle bereiten sich auf ihr Ableben vor. Mehr oder weniger.


"Weltuntergang! Voll krass! Auch ne Nase?"
Im Mittelpunkt der Handlung steht James (Nathan Phillips), über den wir kaum mehr wissen als über die Begleitumstände des Szenarios. Offenbar war er zumindest kein Kind von Traurigkeit, allgemein wohl kein Vorzeigebürger- oder Mitmensch. Zumindest ist er dem Konsum harter Drogen und der Bigamie nicht abgeneigt. Während seine eigentliche Freundin bei ihrem Bruder eine Art „Welt-Abschieds-Orgie“ feiert, verweilt James noch bei seiner Geliebten, die die letzten Stunden ihres Lebens noch an seiner Seite verbringen will. Er sieht das anders. Selbst als sie ihm gesteht ein Kind von ihm zu erwarten (wenn man das in der Situation noch so nennen kann). Lieber begibt er sich auf den Weg zu der Party, um im Vollrausch aus dem Leben zu scheiden. Seine Menschlichkeit hat er allerdings noch nicht ganz betäubt und rettet die kleine Rose (talentiert: Angourie Rice) vor einer Vergewaltigung. Widerwillige nimmt er sich dem Mädchen an. Was mehr wie eine reflexartiger Anflug von Anstand erscheint, mausert sich in der Folgezeit nicht nur zu einem Beschützerinstinkt, James übernimmt auf die letzten Meter doch noch Verantwortung. Rose öffnet ihm die Augen, doch die Uhr tickt unerbittlich. Ist es schon zu spät oder kann er noch gutmachen, was irgendwie möglich ist?


This is the end...
Das klingt nach der überstrapazierten und meistens extrem unglaubwürdigen Saulus-zum-Paulus-Geschichte. Schuldig. Bis auf unglaubwürdig. Denn eingebettet in dieses spezielle Geschehen ist der Sinneswandel des Protagonisten durchaus nachvollziehbar. Vor allem tut Zak Hilditch gut daran, relativ wenig über alles Vorangegangene zu erzählen. Ob James das absolute Mega-Arschloch war oder nur ein Mann, der sich in seinem bisherigen Leben nicht wirklich an der Ehre gepackt gefühlt hat und die Konsequenzen gescheut hat, es lässt sich nur mutmaßen. Bisher gab es auch immer ein Morgen, das „Irgendwann“, wenn man endlich alles auf die Kette bekommt, sich selbst im Spiegel anschaut und dem Spinner gegenüber in die Fresse brüllen kann, mal langsam klar zu kommen. Das wird nichts mehr, dann muss die Erkenntnis eben mal mit dem Hauruck erfolgen. Wenn es nichts mehr aufzuschieben gibt und einem auf höchst drastische Weise vorgeführt wird, was einem in dieser hoffnungslosen Lage noch wichtig sein kann. Überraschend ist diese Läuterung keinesfalls, „These Final Hours“ arbeitet ohne Umwege direkt darauf hin. Dankenswerterweise mit dem Verzicht auf übertriebenen Kitsch, klebrig-verlogenen Pathos und – das passiert oft genug – getränkt von einem religiösen Erleuchtungs-Bimbam. Etwas Gefühl muss natürlich sein und angesichts der radikalen Lage darf es dann auch zügig herbeigeführt werden. Das soll dem Film gar nicht groß vorgeworfen werden. Eher das verschenkte Potenzial, was in der grundsätzlich großartigen Prämisse sonst steckt.


An diversen Stellen deutet der Regisseur an, wie nachhaltig sein Werk hätte werden können. Auch ohne großes Brimborium können einige Szenen enorm erschüttern. Ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen. Gleichzeitig zuckt mal derber Galgenhumor auf, um als Stichwort ein heiteres Russisch Roulette Spielchen zu nennen, dessen Ausgang selbst die Beteiligten kaum interessiert. Warum auch? Der Partyspaß für kurz vor zwölf, verlieren kann hier eh niemand ernsthaft. Daraus wäre noch deutlich mehr machbar gewesen, wie aus eigentlich allen halbwegs relevanten Nebenfiguren, die nur als Staffage dabei sind. Und ja, der extreme Gelbstich der Bilder ist als handlungsbezogenes Farbkonzept sichtlich zu erkennen, ändert jedoch wenig daran, dass er in seiner Penetranz und Künstlichkeit irgendwann ziemlich nervt. „These Final Hours“ ist wirklich interessant, verfügt über gute Ideen und unterhält, regt sogar teilweise zum Nachdenken an. Der Apokalypse mit einer Fuck-You-Attitüde entgegen feiern, sich und seine Liebsten vorzeitig zu verabschieden oder dem bitteren Ende mit klarem Kopf und reinem Gewissen gegenübertreten? Alles irgendwo verständlich. Ein beachtenswerter, wenn auch noch ausbaufähiger Film.

6 von 10 Flammen am Horizont

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