Review: DOGTOOTH - Die Hecke als Ende der Welt



Fakten:
Dogtooth (Kynodontas)
Griechenland. 2009. Regie: Giorgos Lanthimos. Buch: Giorgos Lanthimos, Efthymis Filippou. Mit: Mary Tsoni, Michele Valley, Hristos Passalis, Christos Stergioglou, Anna Kalaitzidou, Aggeliki Papoulia, Alexander Voulgaris u.a. Länge: 93 Minuten. FSK: Ab 16 Jahren freigegeben. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.


Story:
Seit ihrer Geburt wuchsen die Kinder eines Fabrikbesitzers und seiner Frau in dem Glauben auf, dass die Welt außerhalb ihres Landhauses nur aus Tod, Leid und Gefahr besteht. Um diese Illusion zu erhalten, lassen sich die Eltern perfide Tricks einfallen, um die mittlerweile erwachsenen Kinder von dem Wunsch abzubringen, als elterliche Domizil trotzdem zu verlassen.


Meinung:
Erdbeben, Terror-Warnungen, Lebensmittel-Skandale, Bürgerkriege, atomare Verseuchung, Verarmung. Fünf Minuten Nachrichten heißt fünf Minuten Angst. Zugegeben, diese Angst ist alltäglich, denn sie gehört zum globalen Dorf, das wir Welt nennen. Was aber, wenn die Welt beschränkt ist auf ein Haus, eine Landvilla? Die Hecke, die das Grundstück umgibt ist das Ende der Welt. In „Dogtooth“ ist die Hecke für die drei erwachsenen Kinder eines reichen Fabrikbesitzers und seiner Frau  wirklich das Ende der Welt. Die drei wuchsen im Glauben auf, dass außerhalb ihres Haus nur Gefahr und Tod lauert und einzig der Vater mit seinem Auto in der feindlichen Umgebung überleben kann. Natürlich drängt es die Kinder nach draußen, doch die Eltern wissen, wie sie Angst erzeugen, etwa indem sie eine Katze zur blutdurstigen Bestie verklären.


Die drei Kinder, so wie sie ihre Eltern am liebsten sehen.
Warum  die Eltern ihre Kinder wie Wellensittiche halten lässt der Film, wie viele andere Fragen, offen. Der Gutmensch-Tenor, dass sie ihre Kinder vor der bösen Welt beschützen wollen lässt der Film genauso zu wie die, im Laufe des Films immer wahrscheinlicher werdende, Möglichkeit, das die Eltern ihre Kinder aus perversen,  eiskalt-berechnenden Egoismus in den goldenen Käfig sperren. Vor allem die Rolle des Vaters nimmt im Laufe der Handlung  immer mehr despotischere  Züge an.  Er, der als einziger die Villa verlässt, ist so etwas wie der König in dieser Welt. Er ist der Dompteur, der Leitwolf, die anderen (vor allem die Kinder) sind nur Tiere und da verwundert es auch nicht, wenn seine Tochter ihm als Gefälligkeit das Ohr leckt. Regisseur Lanthimos macht es sichtlich Freude, diese kleine Welt mit einer gelungenen, beängstigend stillen sowie geordneten Bildsprache zu fokussieren. Dabei kommt es immer wieder zu sexuellen und gewalttätigen punktuellen Spitzen, die meist explosionsartig aus der Handlung heraus schießen, ohne dabei jemals zum bloßen Exzess zu verkommen und oft genug den satirischen Aspekt von „Dogtooth“ mit intelligent, galligem und teils abstraktem Humor unterstreichen.

„Dogtooth“ ist ein eigenwilliger, oft an der Grenze des Perversen handtierender Film. Dabei auch höchst interessant, stellenweise sehr vergnüglich und über all dem auch lange nachhallend.

9 von 10



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