Review: JACK THE RIPPER - Kinski, der Hurenschreck

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Fakten:
Jack the Ripper
CH, BRD, 1976. Regie & Buch: Jess Franco. Mit: Klaus Kinski, Josephine Chaplin, Andreas Mannkopff, Herbert Fux, Lina Romay, Nikola Weisse, Ursula von Wiese, Hans Gaugler, Olga Gebhard, Peter Nüsch u.a. Länge: 92 Minuten. FSK: Freigegeben ab 18 Jahren. Auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Story:
Im London des 19. Jahrhunderts treibt der Prostituiertenmörder Jack the Ripper sein Unwesen. Niemand vermutet, dass der introvertierte, höfliche und scheinbar herzensgute Arzt Dr. Orloff dieses Monster ist. Inspektor Selby von Scotland Yard setzt alles daran, den Killer endlich dingfest zu machen. Unterstützung bekommt er dabei von einem Blinden mit ausgeprägtem Geruchsinn und von seiner Geliebten Cynthia, die dem Ripper eine riskante Falle stellt...


                                                                           
Meinung:
Eine schweizer/deutsche Produktion um den legendären Huren-Mörder, geschrieben und inszeniert von europäischen Exploitation- und Trashvieldreher Jess Franco, der kürzlich das Zeitliche segnete. Fleissig war der Mann, die Qualität der meisten seiner Arbeiten kann diplomatisch als "geschmacksabhängig" bezeichnet werden. Das trifft sicherlich auch auf seinen "Jack the Ripper" (toller italienischer Alternativtitel übrigens: "Erotico Profondo") zu, allerdings anders als erwartet.
Das kostet extra.
Franco wirkt sehr bemüht, diesen Film nicht unweigerlich in die Euro-Trash Ecke zu stellen. Er wollte wohl einen Film machen, der ein breiteres Publikum anspricht und verglichen mit seinem sonstigen Output ist ihm das sogar geglückt. Allein handwerklich kann das Werk erfreulicherweise positiv punkten. Die Kameraarbeit ist sauber, die Sets zwar nicht besonders Zahlreich, dafür schön stimmungsvoll eingefangen, schattiert und reichlich vernebelt, die Ausstattung gut, der dezent eingesetzte Score, in erster Linie das prägnante Titelstück, wirkungsvoll. Das hat nicht viel - eher sogar nichts - von billigem Euro-Trash-Kino und ist im Bezug auf die Mittel absolut gelungen. Zudem überrascht Franco durch eine kaum reisserische Inszenierung. Das Tempo ist bewusst eher gedrosselt, Gore und Schweinereien halten sich sehr in Grenzen. Klar, nackte (Frauen)Haut hatte der alte Jess schon ganz gerne, nur baumeln hier nicht völlig sinnlos die Euter durchs Bild. Wenn der Ripper seine Opfer erlegt, ist das im sexuellen, Mutterkomplex belasteten Motiv angebracht. Etwas Gore darf dann auch nicht fehlen, es begrenzt sich dabei jedoch auf wenige Szenen, die heute sicher nicht mehr für erhöhten Speichelfluss bei Blutwurstfreunden sorgt. Wenn schon die FSK das nicht mehr indizierungswürdig findet, dürfte alles klar sein.
 


Jack, der Stecher.
Bei der Besetzung hat Franco dann einige Asse im Ärmel. Klaus Kinski ist natürlich wie gemalt für diese Rolle, ihn dafür zu gewinnen kann auch kaum schwer gewesen sein - wenn er pünktlich und ansprechend bezahlt wurde, hat der eh alles gedreht und daraus ja auch nie ein Geheimnis gemacht. Dafür hat er es oft mit engagierten Leistungen belohnt (der Preis dafür waren dann Nervenzusammenbrüche der Crew), so auch hier. Kinski schaltet angenehm zurück und vermeidet die grossen Ausraster, was gut zu seinem Rollenprofil passt. Nur selten und kurz dreht er mal durch, dabei nie zu stark drüber, meistens verkauft er seinen von innerer Unruhe und Trieb gesteuerten Charakter sehr angemessen. Die bezaubernde Josephine Chaplin ist ein echtes Eye-Candy und der markante Herbert Fux war immer ein gern gesehener Nebendarsteller. Das passt schon alles.
Klingt jetzt alles sehr positiv, dass richtig Gelbe vom Ei ist der Franco-Ripper dann (natürlich?) doch nicht. Paradoxerweise liegt es wohl daran, dass Franco hier einen Film gemacht hat, der eigentlich um einiges "besser" (wie gesagt, geschmacksabhängig) ist, als seine sonstigen Arbeiten. Oder es eben sein will. Spannend ist der Film nur bedingt, oft sogar wenig, erzählerisch keine Leuchte. Da Trash und niedere Bedürfnisse hier nur im Hintergrund stattfinden, kann der Film eben weder in die eine, noch die andere Richtung voll überzeugen und schleppt sich zuweilen arg dahin. Das enttäuschende, verschenkte Finale bestätigt leider den Eindruck, dass Franco einfach nicht für so was geschaffen war.
Mit mehr Feinschliff am Script hätte "Jack the Ripper" sogar ziemlich gut werden können. So ist es ein ambitionierter und aufgrund seiner Vorzüge auch nicht zu verachtender Film für Freunde dieses Genres, aber eben auch keine echte Empfehlung. Kann, muss aber nicht. Schade.
5,5 von 10 Bordsteinschwalben.

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